Personalplanung: Transparente Entscheidungen

Unternehmen müssen immer flexibler werden, um auf schwankende Märkte, kurzfristige Aufträge und ähnliches zu reagieren. Gleichzeitig wünschen sich Mitarbeiter:innen mehr Flexibilität und Transparenz. Softwarebasierte Personalplanung kann helfen, beides unter einen Hut zu bringen, wie Sebastian Häberer vom Fraunhofer IFF im Interview erklärt.

Sebastian Häberer Fraunhofer IFF
Fehlende IT-Unterstützung und smarte Regelwerke bei der alltäglichen ad-hoc Personaleinsatzplanung lassen die Planungskomplexität enorm steigern"

Was war die Motivation dafür, ein digitales Tool zur Personaleinsatzplanung zu entwickeln?

Da gibt es mehre. Einerseits erfordert die zunehmend steigende Marktvolatilität eine flexible und schnelle Reaktion auf Bedarfsschwankungen durch eine genaue Steuerung der Personalkapazitäten. Eine vorausschauende Steuerung des Personaleinsatzes ist daher ein entscheidender Faktor für den Unternehmenserfolg. Andererseits ist es für viele Unternehmen eine große Herausforderung qualifiziertes Personal zu finden und zu halten. Aus Sicht der Shopfloor-Mitarbeitenden ist zudem ein zunehmender Wunsch nach mehr Mitbestimmung und Zeitsouveränität bei der Gestaltung von Schicht- und Dienstplänen wahrzunehmen und stellt für viele Unternehmen eine Chance dar, die Attraktivität von Schichtarbeit zu steigern.

Diese beiden Facetten zu vereinbaren und dabei gleichzeitig auch noch den arbeitsvertraglichen, -rechtlichen und -wissenschaftlichen Anforderungen Rechnung zu tragen, stellt die meisten Unternehmen allerdings vor eine große, vor allem auch technische, Herausforderung. Fehlende IT-Unterstützung und smarte Regelwerke bei der alltäglichen ad-hoc Personaleinsatzplanung lassen die Planungskomplexität enorm steigen und verhindern oft die Umsetzung flexibler Personaleinsatzplanungskonzepte auf dem Shopfloor. In der Praxis werden hier meist noch das klassische Shopfloor Board oder auch eine Excelliste genutzt, die für diese Anforderungen aber meist nicht ausreichen.

Was erfasst das Tool dabei auf Seite der Mitarbeitenden? Ist dort hinterlegt, welche Aufgabe diese übernehmen können?

Ja, genau. Dafür haben wir im System eine Skillmatrix hinterlegt, die eine Verknüpfung zwischen Personalbedarf und Personalangebot ermöglicht. Das ist die große Herausforderung, dass wir die benötigten Fähigkeiten für die oft sehr unterschiedlichen Arbeitsstationen so formulieren, dass sie allgemein für alle Beschäftigten anwendbar sind. Dabei müssen wir beachten, dass unterschiedliche Produkte auch unterschiedliche Fähigkeiten und Abfolgen im Produktionsablauf erfordern.  Ziel ist es daher, einen Mitarbeitenden mit den richtigen Skills zur richtigen Zeit und am richtigen Ort einzusetzen. Am besten noch mit der „richtigen“ Motivation. Oftmals hinterlegen wir in der Qualifikationsmatrix auch Prüflizenzen und Zertifizierungen. Über eine mathematische Optimierung versuchen wir dann, eine möglichst gute Übereinstimmung aller eingesetzten Fachkräfte in der Initialplanung herzustellen. Der Teamleiter oder Planer kann dieses Ergebnis dann auf Basis seiner Erfahrungen natürlich noch anpassen.

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Eventtip: Weitere Details zu dem digitalen Personaleinsatzplaner erklärt Sebastian Häberer bei der FARBE UND LACK Webkonferenz Industrie 4.0. Dort erwarten Sie auch viele weitere spannende Vorträge zur Digitalisierung von Produktion und Forschung.

———–Derzeit arbeiten wir zudem daran, die individuellen Wünsche der Mitarbeitenden in diesen Algorithmus einzupflegen. Das ist auch nicht trivial. Denn hier werden schnell Fragen der Gerechtigkeit berührt. Zusätzlich bringen Wünsche oft auch die Begehrlichkeit mit, dass sie auch erfüllt werden. Das geht aber natürlich nicht immer. Das Wesentliche ist hier für uns erst mal, Transparenz herzustellen. Wir haben festgestellt, dass die Akzeptanz für gewisse Planungen höher ist, wenn die Entscheidungen nachvollziehbar sind.

Ist Ihr System dann auch in der Lage, sich mit anderen Systemen im Unternehmen zu vernetzen? Etwa einem ERP?

Das ist ganz unterschiedlich. Die zunehmende Vernetzung in der Produktionswelt steigert natürlich die Komplexität der IT-Infrastruktur. Grundsätzlich können wir für am Markt etablierte ERP-Systeme Schnittstellen vorsehen und anbinden. Viele Unternehmen nutzen jedoch proprietäre Lösungen, die wir unsererseits mit überschaubarem Aufwand integrieren können. Hier setzen wir unterschiedlichste Technologien und Ansätze ein. Neben serviceorientierten Schnittstellen nutzen wir auch Konzepte aus dem IoT-Bereich wie Message Broker. Hier können die ausgetauschten Daten transformiert und so von beiden System genutzt werden, ohne größere Anpassungen an den jeweiligen Systemen vornehmen zu müssen.

Damit eine IT-gesteuerte Personalplanung einen Vorteil bringt, ist vermutlich auch eine gewisse Größe oder Komplexität nötig, oder?

Ja, das ist auch unsere Erfahrung. Es gibt aber auch Beispiele bei kleinen Unternehmen, bei denen es sich lohnt, zum Beispiel, wenn Anforderungen an Audits und Zertifizierungen sehr hoch sind. Spannend sind aber natürlich die größeren Anwendungsgebiete, in denen die Produktion beispielsweise in Funktionsbereiche unterteilt ist. Dabei ist zu beobachten, dass die Teams oft dezentral für sich planen und innerhalb ihrer kleineren isolierten Planungseinheiten beinahe ständig Personalüber- und -unterdeckungen vorliegen. Die Gesamtsystemeffizienz haben dabei oft nur wenige im Blick. Hier kann unser Tool zur digitalen Personaleinsatzplanung Abhilfe schaffen, weil es die Gesamtbetrachtung über die Teamgrenzen hinweg unterstützt.

Das setzt aber voraus, dass die Fähigkeiten von Mitarbeitenden überhaupt übertragbar sind?

Genau, das ist aber über die Skillmatrix bekannt und sichtbar. Natürlich versucht man, die Beschäftigten dort einzusetzen, wo sie sich am besten auskennen. Aber dank unserer Software kann man eben auch auf weitere Skills zugreifen, wenn es im Sinne einer Weiterqualifizierung oder bewussten Job-Rotation gewünscht oder auch einfach mal nötig ist. 

Auf welcher Zeitebene arbeitet Ihr digitaler Personaleinsatzplaner?

Im Grunde auf allen Ebenen. Seinen größten Nutzen hat das Tool aber im kurzfristigen Zeithorizont, wenn ich im Sinne der Personaleinsatzplanung eine Allokation der Fachkräfte zum Arbeitsplatz vornehme. Für die operative Steuerung gibt es hier die meisten Anwendungsfälle. Fehlende Teile in der Produktion, ungeplante Maschinenausfälle, plötzliche Eilaufträge oder Krankheit von Personal sind dabei nur einige Gründe, warum ich kurzfristig auf Bedarfsschwankungen reagieren muss. Wir können Mitarbeitende dann zum Beispiel innerhalb der Schichten anderen Bereichen zuordnen.

„Mitarbeitenden eine gute Planungssicherheit bieten“

Im mittelfristigen Zeithorizont gelingt es mir, verlässliche Dienstpläne für meine Belegschaft bereitzustellen und meinen Mitarbeitenden eine gute Planungssicherheit zu bieten. Im Langfristhorizont kann ich die Planung beispielsweise auch abbilden. Hier ist aber weniger die Planung im Vordergrund. In dieser Ansicht sehe ich aber zum Beispiel aus Sicht von HR, welche Skills in Zukunft benötigt werden, welche Zertifizierungen auslaufen und wann sich zum Beispiel Qualifizierungsmaßnahmen eignen. 

Wie läuft dann die Kommunikation zum Mitarbeitenden?

Die Kommunikation läuft aktuell noch hauptsächlich über den Team- oder Schichtleiter. Wir können aber grundsätzlich jedem über die Zuweisung von Berechtigungen Lese- oder Schreibrechte geben. In diesem Jahr werden wir aber insbesondere für die Kommunikation mit den Mitarbeitenden noch einige neue Funktionen implementieren, die die Einbindung der Beschäftigten und ihre Mitbestimmung deutlich verbessern werden.

Eventtipp

Weitere Details zu dem digitalen Personaleinsatzplaner erklärt Sebastian Häberer bei der FARBE UND LACK Webkonferenz Industrie 4.0. Dort erwarten Sie auch viele weitere spannende Vorträge zur Digitalisierung von Produktion und Forschung.

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