Rohstoffe: Farbenindustrie stark unter Druck
Wie der Verband der europäischen Lack-, Druckfarben und Künstlerfarbenindustrie (CEPE) mitteilt, erhöht ein komplexer Mix aus Nachfrage, Kapazitätsproblemen und knappen Transportressourcen bei wichtigen Rohstoffen die Unsicherheit in der Lieferkette. Trotz enormer Auswirkungen für die Branche sei die Farbenindustrie bemüht, die Risiken für die Kunden zu reduzieren.
„Nach einem Jahr, das von der COVID-19-Pandemie geprägt war, steht unsere Branche 2021 aufgrund des Anstiegs der Rohstoffpreise erneut vor großen Herausforderungen“, so der CEPE-Vorsitzende André Vieira de Castro. Für den Anstieg gebe es gleich mehrere Gründe: eine steigende Nachfrage nach Rohstoffen aufgrund der erwarteten wirtschaftlichen Erholung, eine Verknappung der verfügbaren Rohstoffe wegen schlechter Wetterbedingungen und die Schließung mehrerer Werke, die Rohstofflieferanten sich auf „force majeure“ – höhere Gewalt – berufen lässt. Zusätzlich erhöhen sich die Transportkosten durch den stark gestiegenen Ölpreis.
„Die Belastung für die Branche ist immens“
André Vieira de Castro ergänzt: „Die Belastung für die Branche ist immens, da die Rohstoffpreise mehr als die Hälfte der Kosten ausmachen. Seit Januar sind die Kosten für Schlüsselkomponenten wie Epoxidharze in Europa um 60 Prozent gestiegen. Ähnlich sieht es bei den Lösemitteln aus, allein der Preis für Aceton und n-Butylacetat ist dort um 123 % bzw. 91 % gestiegen.“
Die aktuelle Situation habe ihren Ursprung in Europa und Asien und insbesondere aus der unerwartet schnellen V-förmigen Erholung in China, die die Nachfrage nach wichtigen Rohstoffen anheize. Neben Epoxidharzen umfasse die Liste der stark nachgefragten petrochemischen Rohstoffe unter anderem Polyesterharze, Polypropylenglykole, Acrylsäuren, Acrylharz, UV-Harze, Polyurethanharze und Lösungsmittel. Parallel zu den petrochemischen Rohstoffen seien auch die globalen Kosten für Pigmente (einschließlich Titandioxid, rotes und gelbes Eisenoxid) stark gestiegen. Zu den wichtigsten Treibern der Preiserhöhungen gehörten die starke Nachfrage in allen Industriebereichen, ein größerer inländischer Versorgungsbedarf in den Produktionsländern, allgemeine Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage sowie höhere Kosten für Pigmentkomponenten.
Knappe Transportressourcen
Die aktuelle Situation wird laut CEPE durch Kapazitätsprobleme zusätzlich verschärft: Störungen bei Produzenten in Asien und Europa – entweder durch Fabrikschließungen oder Betriebsunfälle – hätten das Angebot deutlich verknappt. Ein weiterer Kostenfaktor seien knappe Transportressourcen. Die COVID-19-Pandemie habe zu einer sprunghaften Nachfrage im internationalen Handel geführt, die sich auf die globalen Bewegungen der Schiffscontainer auswirke. Die Preise für Container zwischen China und Europa seien seit dem vierten Quartal 2020 um mehr als 400 % gestiegen.
Während die Farbenindustrie versuche, mit den aktuellen Unsicherheiten so gut wie möglich zurechtzukommen, solle der Druck des Weltmarkts den europäischen Entscheidungsträgern zu denken geben, so der Verband. „Mehr Nachhaltigkeit ist unbestreitbar der Weg in die Zukunft, aber der globale Wettbewerb sollte bei den Maßnahmen des EU Green Deals nicht außer Acht gelassen werden“, schließt André Vieira de Castro: „Europa braucht unbedingt eine starke Chemieindustrie mit Fabriken in Europa, um autarker zu sein, sonst ist die europäische Wirtschaft als Ganzes gefährdet.“
Tipp: Aktuelle Rohstoffpreise für die Farben- und Lackindustrie erfahren Sie jederzeit im European Coatings Price Ticker.