Ziele fest im Blick: Jaqueline Döring im Porträt
Vom Mutter-Tochter-Gespann an der Spitze des Unternehmens ist die Geschäftsführerin des Lackherstellers Vestocor, Jaqueline Döring, überzeugt. „Im Betrieb begegnen wir uns auf Augenhöhe und agieren als Partner. Wir ergänzen uns in unseren Eigenschaften und ich kann stets um Rat bitten, da meine Mutter einfach mehr Erfahrung hat“, erklärt die 27-Jährige. In die Geschäftsführung trat sie im April 2016 ein. Zu dieser Zeit war ihr Vater auch noch in der Geschäftsführung tätig. „Zwischen uns ist es häufiger zu Diskussionen gekommen. Wahrscheinlich weil wir uns in unserer impulsiven und sturen Art sehr ähnlich sind. Meine Mutter bildet da einen Gegenpol“. Seit Mitte 2016 ist der Vater, Roland Döring, aus der Geschäftsführung zurückgetreten und berät nur auf ausdrücklichen Wunsch und Nachfrage. Er kümmert sich hauptsächlich um die Technik.
Das Mutter-Tochter-Verhältnis findet im privaten Raum seinen Platz. „Dass diese Trennung so gut funktioniert liegt vielleicht auch daran, dass wir dies bereits seit meiner Ausbildung im Unternehmen so handhaben“, sagt Döring. „Meinen Eltern und mir war es wichtig, dass ich mich Herausforderungen und Konflikten selber stellen kann“, ergänzt sie. Denn nur so könne es vermieden werden als Tochter der Geschäftsführer mit Samthandschuhen angefasst zu werden. „Einfach war das natürlich nicht immer.“
Frühe Zielsetzung und Eigeninitiative
Der Einstieg ins Familienunternehmen war eigentlich schon relativ früh besiegelt. Nicht durch die Eltern, sondern durch Döring selbst. „Meine Eltern hätten mich bei allen anderen Plänen ebenso unterstützt. Mich hatte Wirtschaft schon in der Schulzeit interessiert und die Chemiebranche ebenfalls. Mit dem elterlichen Betrieb im Rücken hatte ich die Möglichkeit beide Interessen zu kombinieren“, sagt die in Bottrop geborene Geschäftsführerin. Neben ihren Eltern arbeiten auch ihre beiden Schwestern im Betrieb, eine weitere Stütze für Jaqueline Döring.
Veranstaltungstipp:
Noch mehr erfolgreiche Frauen aus der internationalen Farben- und Lackindustrie werden auf dem European Coatings – Leading Women’s Forum erwartet. Bewerbungen für erfolgreiche Managerinnen der Lackbranche sind nur noch für kurze Zeit möglich.
Die jüngere Schwester, Desiree Döring, ist in der Entwicklung tätig und die ältere Schwester, Sarah Fudali, in der Verwaltung. „Es ist natürlich von Vorteil, wenn man sich mit den Schwestern austauschen kann, die den Arbeitsalltag bei uns genauso gut kennen. Wir haben uns stets unterstützt und tun dies auch heute noch“, so die Geschäftsführerin, für die das familiäre Klima im Betrieb ein entscheidender Erfolgsfaktor ist. „Ich bin nicht nur froh meine Schwestern an meiner Seite zu haben, es ist mir auch extrem wichtig“.
Als Schülerin jobbte sie in den Ferien im Betrieb und arbeitete in allen Bereichen zu. So lernte sie bereits frühzeitig Prozesse und Mitarbeiter kennen. „Über meine Tätigkeit ergab sich die Möglichkeit ein Praktikum bei einem unserer Kunden zu absolvieren. Ich wollte das unbedingt und konnte meine Eltern überzeugen mich gehen zu lassen“, sagt Döring über ihren ersten längeren Auslandsaufenthalt. Mit 16 Jahren verbrachte sie die Sommerferien im Qualitätsmanagement bei MAN Turbo De Pretto in Italien. „Die Erfahrung hat mich in vielerlei Hinsicht geprägt. Man lernt die Zusammenarbeit mit Menschen, die eine andere Mentalität haben. Zusätzlich konnte ich mich im Ausland beweisen und nebenbei mein Italienisch und Englisch verbessern“, sagt die Geschäftsführerin rückblickend. Nach ihrem Abitur 2010 begann sie eine Ausbildung zur Industriekauffrau. Damals firmierte das Unternehmen noch als Vestische Lackfabrik Feidal GmbH. Zeitgleich zur Ausbildung nahm Döring ihr Bachelor-Studium Business Administration an der Hochschule für Ökonomie und Management in Essen auf.
Wechsel in die Geschäftsführung
Nach der erfolgreich beendeten Ausbildung begann sie zuerst im Vertrieb und nahm Tätigkeiten in der Betriebsleitung wahr. „Der Vertrieb ist die ideale Position gewesen, unsere Produkte und Kunden noch besser kennenzulernen“, sagt sie. Einfach sei es aber nicht immer gewesen, gibt sie zu. „Die Branche ist noch ziemlich konservativ. Das merkt man schon. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es für eine junge Frau schwieriger ist, da einem die Kompetenz nicht sofort zugetraut wird. Das ist nicht nur im Ausland, beispielsweise in Osteuropa, so, sondern auch hier in Deutschland“, gibt Döring zu bedenken. Es sei aber ein Ansporn für sie, diesen Vorurteilen entgegenzuwirken.
Noch bevor sie das Bachelor-Studium abschloss übernahm sie die kaufmännische Leitung und erhielt Prokura. Der Bachelor-Abschluss genügte ihr jedoch nicht und sie begann nahtlos mit ihrem Master-Studium in Wirtschaftspsychologie. In ihrer Master-Arbeit befasste Döring sich mit dem Thema „Generationswechsel in mittelständischen Familienunternehmen – Regelung der Unternehmensnachfolge als Bestandteil der Unternehmensstrategie“. Da auch in ihrem Betrieb der Generationswechsel ansteht, war das Thema natürlich von hohem Interesse. „Der Mittelstand hat hier noch deutlichen Nachholbedarf, insbesondere auch die Lackbranche geht den Generationswechsel häufig falsch oder zu spät an“, mahnt Döring.
Jaqueline Döring ist froh, dass im Familienbetrieb die Weichen früh gestellt worden sind. „Wir bilden eine sehr gute Einheit und es ist für mich einfach klasse, dass ich nicht nur mit meinen Eltern, sondern auch mit meinen Schwestern in einer Firma arbeiten kann“, sagt sie.
Von Damir Gagro