Schuster bleib bei deinem Leisten! Wieso eigentlich?
Als ich letzte Woche die Pressemitteilung eines in der Entwicklung und Herstellung von Produktsystemen, Maschinen und Werkzeugen für die Bodenbearbeitung führenden Unternehmens per Mail erhielt, war ich zunächst nicht überrascht. Es wurde die Gründung einer Dienstleistungsgesellschaft angekündigt. Bei näherer Betrachtung stellte sich jedoch heraus, dass diese Tochtergesellschaft Kunden und Handwerker bei der Bankkommunikation und der kaufmännischen Betriebsorganisation unterstützen wird.
Vom Klebstoffhersteller zum Bankberater?
Das Unternehmen hat sich seit seiner Gründung im Jahr 1911 vom regionalen Klebstoffhersteller zu einem weltweitagierenden Komplettanbieter für Bodensysteme entwickelt. Mit der Gründung der neuen Gesellschaft geht das Unternehmen noch einen Schritt weiter. Der Vorsitzende des Vorstands erklärt in der oben genannten Pressemitteilung: „Wir sind ein Partner des Handwerks, der bisher neben erstklassigen Produkten auch bestmögliche Beratungsleistung auf der Baustelle anbietet. Da ist es nur folgerichtig, dass wir diese Stärke weiter ausbauen.“ Nun also kommt eine Unterstützung hinsichtlich betriebswirtschaftlicher und bankspezifischer Themen hinzu. Das hat mit der bisherigen Kernkompetenz des Unternehmens meines Erachtens nichts mehr zu tun, kann aber dennoch erfolgreich sein, wenn entsprechende kompetente Mitarbeiter für dieses neue Betätigungsfeld tätig werden.
Vom Lackhersteller zum Maler?
Kürzlich kam ich auf einer Konferenz in Asien mit einem Mitarbeiter eines großen Lackherstellers ins Gespräch. Er berichtete davon, dass seine Firma nun dem Endkunden direkten Service anbietet. Wenn Sie, lieber Leser ihr Wohnzimmer neu streichen lassen wollen, könnten Sie direkt an den Lackhersteller herantreten und er würde sich um alles kümmern: verrücken der Möbel, abdecken, abkleben, streichen und am Ende alles wieder an seinen Platz stellen. Alles aus einer Hand, aber der selbständige Maler würde in einem solchen Fall durch die Röhre schauen. Aus Sicht des Lackherstellers, aber ein guter Weg, um den Endkunden direkt von der ausgezeichneten Qualität des Produktes zu überzeugen ohne das Risiko, dass durch fehlerhafte Applikation die Performance des Produkts schlechter ausfällt als sie tatsächlich ist.
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Vom Lackhersteller zum Reiseanbieter?
Ein deutscher Lackhersteller, der unter anderem Bautenfarben und komplette Wärmedämmverbundsysteme herstellt, bietet für seine Kunden (Architekten, Planer, Verantwortliche der Wohnungswirtschaft und Führungskräfte im Handwerk) Fachexkursionen als kostenpflichtige Weiterbildungsmaßnahme an, die städtebauliche und architekturrelevante Themen mit Fragen nach Materialien, Farben und Oberflächen verknüpft. „Auf der Suche nach der Kunst des Bauens führen die Touren des Jahres 2017 ebenso in die Straßenschluchten Manhattans zwischen Sugar Hill und Ground Zero wie in die „Tigerstadt“ (Achten Sie auf die Skulpturen vor Rathaus und Bahnhof!) Oslo mit der Norwegischen Oper von Snøhetta.“, so der Wortlaut der entsprechenden Pressemitteilung.
Alle drei Beispiele haben mich irgendwie verblüfft. Ein ähnliches Beispiel aus dem Bereich der Rohstofflieferanten ist mir bisher nicht so konkret begegnet. Wäre es denkbar, dass ein Lieferant mit einem Serviceangebot aufwartet, das den Lackhersteller überflüssig macht?