Quereinsteiger: Dr. Jörg Müller im Porträt

Dr. Jörg Müller, Geschäftsführer beim Schweizer Druckfarben­hersteller Arcolor, ist sehr heimatverbunden. Der Quereinsteiger mit dem grünen Daumen engagiert sich gerne lokal. Die Förderung von Start-ups ist dabei eines seiner Steckenpferde.

Dr. Jörg Müller -

In Nachbarsgarten ist das Gras doch nicht immer grüner. So sieht es zumindest Dr. Jörg Müller, Geschäftsführer der Firma Arcolor. Auf seinen eigenen Garten bezieht er das voller Überzeugung. „Ich würde schon sagen, dass ich bei uns in der Familie den grünen Daumen habe. Aber ich bin ja auch auf einem Bauernhof aufgewachsen“, sagt der 57-Jährige, der gebürtig aus dem Kanton Thurgau in der Schweiz stammt. Seine Lieblingspflanze ist eine Tessinerpalme, die mittlerweile fünf bis sechs Meter hochgewachsen ist. Für den Winter hat er eine spezielle Abdeckung mit integrierter Heizung gebastelt, damit das Palmengewächs auch die kalten Perioden in der Schweiz unbeschadet überbestehen kann. „Die Palme verbreitet eine mediterrane Stimmung in unserem Garten. Das finde ich sehr gut“, sagt der Unternehmer. „Die Palme ist kein typisches Gartengewächs in unseren Breiten.“

Gerichtsmedizin, Pflanzenwissenschaften und Instrumenten­technik

Untypisch ist auch Müllers Weg in Druckfarbenbranche. Der studierte Biologe und Chemiker arbeitete nach dem Studium zunächst in der Gerichtsmedizin der Universität Zürich. Bei der Forschungsstelle untersuchte er den Auslöser für den plötzlichen Kindstod. „Ich war täglich mit dem Tod konfrontiert. Glücklicherweise konnte ich gut abstrahieren und die Arbeit belastete mich nicht. Es war auch spannend zu sehen, wie meine Kollegen mit der Situation umgingen“, beschreibt Müller seine Tätigkeit. Nach knapp zwei Jahren verließ er die Stelle jedoch. Der Geruch von Formaldehyd habe ihn auf die Dauer gestört. Zwei weitere Jahre war der Mann mit dem grünen Daumen am Institut für Pflanzenwissenschaften an der ETH Zürich tätig. „Es war eine sehr spannende und interessante Aufgabe. Es war jedoch eine absolute Nische. Weltweit konnte ich mich vielleicht mit einem Dutzend Menschen über meine Arbeit sprechen, die davon auch etwas verstanden haben“, sagt der Geschäftsführer. Müller will in die Industrie und begann 1988 beim Konzern Mettler-Toledo seine Karriere in der Instrumententechnik. Dort war er in den unterschiedlichsten Funktionen tätig, von Forschung und Entwicklung über Marketing bis hin zum Verkauf.

Vom Konzern in den Mittelstand und dann zu den Druckfarben

Müller wollte aber mehr. Er bildete sich weiter und machte erst seinen Bachelor und später den Master in Betriebswirtschaftslehre. Abschließend wurde er auch in Betriebswirtschaftslehre promoviert. „Durch meine Weiterbildungen wollte ich auch den nächsten Schritt machen. Dazu wollte ich auch den Konzern verlassen und in einen Familienbetrieb wechseln“, erklärt er seine Motivation zur Firma Büchi zu gehen. In Konzernen sei man meist nur ein Rädchen und zum Ende hin habe er nur noch an Sitzungen teilgenommen oder an der Budgetierung gesessen. Beim neuen Unternehmen war er in der Geschäftsführung und leitete die Business Unit zur Entwicklung und Vermarktung von Laborgeräten. Dort ergab sich auch die Möglichkeit einen Standort in den USA von Grund auf aufzubauen. Das war eine Herausforderung, die Müller sich nicht entgehen lassen wollte. Gemeinsam mit seiner Frau und seinem zweijährigen Sohn tritt er die Reise nach Delaware an. In den vier Jahren in den USA kommt auch seine Tochter zur Welt. „Wir haben uns gut integriert gefühlt, trotzdem war für uns immer klar, dass wir zurück in die Schweiz wollen, den hier sollten unsere Kinder aufwachsen und zur Schule gehen“, sagt Müller. Man lerne die Heimat eben besser zu schätzen, wenn man im Ausland sei, findet Müller. Das Gras ist woanders eben nicht grüner.
Mit der Rückkehr wollte er sich auch beruflich verändern. „Nach 16 Jahren in der Instrumententechnik wollte ich etwas Neues in einer anderen Branche. Das war eine bewusste Entscheidung“, sagt Müller.
Der Zufall führte ihn 2004 in die Druckfarbenindustrie. „Ich hatte keine Ahnung von Druckfarben“, gesteht der Geschäftsführer. Der Herausforderung fühlte er sich aber gewachsen. Im Gegensatz zu seiner vorherigen Tätigkeit wären die Druckfarben ein reines Key-Account-Geschäft, das sehr stark von persönliche Beziehungen und Vertrauen abhänge.

Start-up-Experte: Guten Ideen zur Realisierung verhelfen

Neben dem Beruf engagiert sich Müller auch stark im Kanton in Appenzell Ausserrhoden. Er ist Präsident des Patronatsvereins Wirtschaftsförderung, ist aktiv im Stiftungsrat Wirtschaftsförderung und Vorstandsmitglied im Industrieverein. Zusätzlich fungiert er als Experte bei Startfeld St.Gallen, einem Inkubator für Firmengründungen. „Hier stellen uns Menschen ihre Geschäftsideen vor und wir helfen Ihnen dabei. Das ist sehr faszinierend. Gute Ideen müssen realisiert werden und benötigen Förderung“, sagt Müller, der zu einem Gremium aus zehn Experten gehört. Wenn eine gute Geschäftsidee in einem schwierigen Umfeld reifen und wachsen kann – so wie seine Tessinerpalme – dann ist Müller zufrieden.

Von Damir Gagro

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