Pulverlacke: „Vorteile nach wie vor noch nicht so bekannt“
Wie schätzen Sie den Pulverlackmarkt ein?
Generell sehen wir eine stabile Entwicklung des Pulvermarktes in Europa. Hier verlagert sich der Bedarf von Standardprodukten in Richtung hochwertiger Produkte. Auch in Nordamerika und in Asien beobachten wir eine Steigerung des Bedarfs nach technologisch anspruchsvollen Produkten, die die jeweiligen regionalen Gesetzgebungen erfüllen. Tendenziell geht die Entwicklung stärker in den Bereich hochqualitativer gebondeter Metallics, deren Marktanteil kontinuierlich wächst. Insgesamt steigt die Nachfrage nach Hochleistungspulverlacken und Nachhaltigkeit. Demzufolge werden Pulverlacke in den kommenden Jahren voraussichtlich Marktanteile dazugewinnen. Wichtige Anwendungsgebiete sind hier Fassadenelemente in der Architektur sowie Metallbeschichtungen im Interieur – und Exterieur Bereich.
Klaus-Georg Gast ist Business Director Powder Coatings Europe bei Axalta.
Wir gehen davon aus, dass sich der Markt für Pulverlacke weiterhin positiv entwickeln wird. Ein Grund dafür ist die höhere Ressourcen- und Energieeffizienz im Vergleich zur Nasslackierung. Darüber hinaus werden Pulverlacke kontinuierlich weiterentwickelt, was im Zusammenhang mit der deutlich verbesserten Applikationstechnik heutzutage zu einer höheren Qualität der beschichteten Oberflächen führt. Somit sind mittlerweile bei vielen Anwendungen in der Regel gleichwertige bis bessere Ergebnisse erzielbar.
Welche Herausforderungen und welche Potenziale sehen Sie im Markt?
Eine Herausforderung besteht sicherlich in den steigenden Preisen für Rohstoffe. Die weltpolitische Lage und der andauernde Handelsstreit führen zu Problemen bei der Rohstoffverfügbarkeit und beeinflussen den Export. Die wirtschaftliche Entwicklung spielt ebenfalls eine Rolle, wie und wohin sich der Markt weiterentwickeln wird. Die aktuelle Umwelt- und Klimaschutzdiskussion löst sicherlich eine stärkere Nachfrage nach Alternativen zur Nasslackapplikation aus und das wird in manchen Bereichen einen Technologiewechsel zur Folge haben. Hier sehe ich große Chancen für den Pulverlack, da hier generell der „ökologische Fußabdruck“ im Gesamtvergleich und in der Nachhaltigkeit besser ist.
Wo sehen Sie die Vor- und Nachteile von Pulverlacken im Vergleich zu Nasslacken?
Pulverlacke sind verfahrensbedingt umweltgerechter als Nasslacke. Es werden keine Lösemittel oder andere Emissionen durch den Lack abgegeben und es gibt keine Entsorgungsprobleme. Die Applikation erfolgt üblicherweise energieeffizienter selbst bei höherem Energieverbrauch, ist aber in Summe Klimaneutraler. Auch die bessere Oberflächengüte ist hier zu nennen, Pulver ist deutlich schlag-, kratz-, und abriebfester. Des Weiteren ist Pulverlack in der Qualität und im Bereich der Gewährleistung (Beispiel Architektur: Bis zu 25 Jahre bei Fassadenbeschichtungen auf UV-Stabilität je nach Produkt) der Nasslackapplikation überlegen.
Ein Nachteil kann die hohe Schicktdicke im Vergleich zu Nasslack sein. Das schließt Pulverlack für verschiedene Anwendungen von vorn herein aus. Hier ist noch Entwicklungspotential vorhanden, auf der anderen Seite kann das jedoch auch von Vorteil je nach Art der Anwendung sein. Auch die Investition in eine neue und zeitgemäße Lackieranlage ist für den Lohnlackierer sicherlich nicht unerheblich.
Warum ist der Anteil an Pulverlacken im Markt noch so gering?
Dies liegt sicherlich daran, dass Vorteile und Vielseitigkeit von Pulverlack im Markt nach wie vor noch nicht so bekannt sind. Auch wenn es um die Qualität der Lacke und beschichtete Oberflächen geht, gibt es trotz großer Fortschritte, die hier in den letzten Jahren gemacht wurden, noch Vorurteile. Diese gilt es proaktiv anzugehen und auszuräumen.
Aufgrund der aktuellen Diskussionen um die stetig steigenden Umweltanforderungen und der damit verbundenen hohen Anlagen- und Wartungskosten sowie der immer kostenintensiver werdenden Entsorgung von Lösemitteln, Härter und Altgebinde bei Nasslacken bin ich sehr zuversichtlich, das sich der Marktanteil für Pulverbeschichtung in absehbarer Zeit deutlich erhöhen wird.
Das Interview führte Damir Gagro