Polyurethanlacke: PURes Wachstum
Für das Jahr 2015 ermittelte das Marktforschungsunternehmen IAL Consultants ein globales Produktionsvolumen von 3,16 Mio. Tonnen. Die Marktforscher von Chemquest schätzen das Volumen ebenfalls auf etwa 3 Mio. Tonnen weltweit. Auch Kusumgar, Nerfli & Growney (KNG) stufen die Marktgröße bei etwa 3,2 Mio. Tonnen ein. Lediglich die Zahlen von IHS Chemical sehen den Markt bei 3,74 Mio. Tonnen. Die Diskrepanz fällt bei allen drei Quellen nicht dramatisch aus und somit können die Einschätzungen von etwas mehr als 3 Mio. Tonnen als belastbarer Wert angesehen werden. Die Lieferanten von Polyurethanen Allnex, Covestro, Dow und Synthopol stufen diese Größenordnung ebenfalls als realistisch ein.
Holz- und Möbelindustrie Hauptabnehmer von PUR-Lacken
Mit knapp 0,9 Mio. Tonnen steht das Segment Bau an zweiter Stelle in den Daten des Unternehmens IAL Consultants. Das Wachstum in den kommenden Jahren soll durchschnittlich bei 3,5% liegen und bis 2020 so auf ein Volumen von 1,06 Mio. Tonnen ansteigen. In der Kategorie „Transport“ fasst das Unternehmen alle PUR-Lacke für Automobile, Schienenfahrzeuge, Flugzeuge und Schiffe zusammen. Die Kategorie machte 2015 etwa 0,64 Mio. Tonnen aus, was etwa 20% entspricht. Bis 2020 soll das Volumen auf 0,75 Mio. Tonnen ansteigen. Dies wäre ein jährliches durchschnittliches Wachstum von knapp 4%. Chemquest sieht mit etwa einem Drittel, vom Gesamtvolumen, die Holz- und Möbelindustrie als Hauptabnehmer von PUR-Lacken. Mit unter 30% folgt das Segment Transport. Dahinter listet das Marktforschungsunternehmen die allgemeine Industrie mit 15% und den Baubereich mit 10%.
Trend geht zu High-Solids und wässrigen Systeme
Wässrige Systeme sind auch bei PUR-Lacken ein wesentlicher Trend. Vyacheslav Starkov, Dow, erwartet ein Wachstum von 5% bei Autoreparaturlacken. Auch Dr. Jörg Benecke, Synthopol, erwartet immer mehr wässrige Systeme auf dem Markt. „Diese Entwicklung hin zu wässrigen Lösung wird vom Markt erwartet. Die Verschiebung wird langfristig auch zu Lasten der lösemittelhaltigen Systeme stattfinden“, erklärt Benecke.
„Wir beobachten einen zunehmenden Trend zu lösemittelarmen (Low VOC) und High-Solid-Systemen und natürlich zu wässrigen Produkten, deren Marktanteil in den letzten Jahren überproportional gewachsen ist. Aufgrund von legislativen Vorgaben wird sich dieser Trend weiter verstärken, während die VOC-Gesetzgebung in China Low-VOC- und High-Solid-Systeme begünstigt. Insgesamt sind weitere Performance-Steigerungen bei 1K- und 2K-Systemen zu erwarten“, sagt Peter Kruppa von Covestro.
Bei den wässrigen Systemen sind Robert Skarvan und Hans Schellekens von Allnex weniger euphorisch. „Wässrige Lösungen sind in China, insbesondere bei neuen Produktionslinien in der Autoserienlackierung, Pflicht. Die Entwicklung zeigt aber das wässrige 2K-PUR-Lacke nicht so stark im Markt nachgefragt sind, wie anfangs erhofft“, sagt Skarvan. „High-Solid-Systeme haben ein klares Momentum. Selbst High-Solid-Systeme mit Lösemitteln können einen geringeren CO2-Fußabdruck haben als wässrige Systeme. Wir sehen vor allem in in Teilen der der Automobilindustrie wachsendes Potenzial“, ergänzt Schellekens. Auch Benecke erwartet einen weiteren Schub im Bereich High-Solids: „Die sind ganz wichtig, da hier deutliche Einsparungen in Bezug auf Lösemittel erzielt werden können“. In Europa und den westlichen Industrieländern ist der Einsatz von High-Solids höher, als in den Schwellenländern werden. Hier werden immer noch Medium- oder Low-Solid Systeme eingesetzt, laut Benecke.
Lösemittelhaltige Systeme weiterhin mit starker Nachfrage
Diese Einschätzungen bedeuten aber nicht, dass lösemittelhaltige Systeme ganz außer Acht gelassen werden. „Der Bedarf an lösemittelhaltigen 2K-PUR-Lacken ist groß. Aufgrund ihrer vielfältigen positiven Leistungsmerkmalen, wie etwa lnaglebigkeit und chemischen und pyshikalischen Beständigkeit. Einen Rückgang erwarten wir daher nicht. Wir denken, dass die Nachfrage nach solchen Systemen um 3% im Jahr steigen wird“, sagt Starkov. „In Europa werden aber auch anteilig weiterhin lösemittelhaltige Systeme weiterverwendet, solange nicht umgestellt werden muss aufgrund von gesetzlichen Vorgaben. Die neuen Entwicklungen liegen aber ganz klar im Bereich wässrig oder High-Solids“, sagt Benecke. „Wir sehen auch eine Chance für Isocyanatfreie PUR-Lacke. Im Rahmen von Umwelt-, Gesundheits- und Arbeitsschutz werden diese Systeme sicherlich stärker nachgefragt. Ähnliches gilt für Systeme aus erneuerbaren Rohstoffen. Diese sind aber noch nicht erschwinglich für die breite Masse. Dies könnte sich aber in Zukunft deutlich ändern“, sagt Starkov.
Mehr Effizienz und Energieeinsparungen durch schnellere Trocknungszeiten vom Markt gefordert
Ein ganz wichtiger Bedarf im Markt sind Beschichtungen, die dem Anwender eine höhere Effizienz und Energieeinsparungen ermöglicht. „Gerade bei Polyurethan PUR-basierten Lacksystemen stehen Performance und Effizienz, aber auch die Langzeitbeständigkeit, im Vordergrund“, erklärt Kruppa. Daher fordern die Kunden Entwicklungen zur Beschleunigung der Prozesse, auf die Reduktion von Lackschichten bei gleicher Performance, auf schnellere Trocknung bei niedrigeren Temperaturen, ergänzt Kruppa. Auch Skarvan sieht einen generellen Trend zu schnelleren Trocknungszeiten. „Die Trocknung soll schneller werden, aber die Topfzeit darf sich nicht verschlechtern. Die Effizienz kann gesteigert werden und Energie eingespart werden. Hier kann man die Autoreparaturlacke als gutes Beispiel nennen. Es würden mehr Einheiten lackiert bzw. repariert werden können. Im Beispiel Böden, kann die Oberfläche wieder schneller betreten werden nach einem neuen Anstrich“.
Kunststoffe und Glas mit Potenzial – einzige Limitierung entsteht durch hohe Preise
Das Potenzial für PUR-Lacke ist unerschöpflich. Die industrielle Lackierung mit 2K-Beschichtungen ist auf allen Substraten möglich. Es werden aber weitere Substarte, neben den bereits stark genutzten, in den Fokus rücken. „Kunststoffe sind sehr interessant. Insbesondere Kunststoffschalen für Telefone oder TV-Geräte“, sagt Benecke. Ebenso sieht er Potenzial im Bereich Glas. „Glas ist ein wichtiges Substrat in der Zukunft. Ob es nun wieder die Glasflächen bei Telefonen bzw. TV-Geräten sind oder die dekorative Beschichtung von Gläsern und Flaschen. Hier sind ebenfalls hohe Anforderungen gefragt, die mit PUR-Lacken zu erfüllen sind“, ergänzt Benecke. Hinsichtlich Limitierungen sind sich alle Unternehmen sehr einig. Ein bestimmtes Substrat oder ein Anwendungsgebiet kann keines der Unternehmen identifizieren. „Limitierungen für PU-Lacke sehen wir vor allem bei Anwendungen mit geringer Performance bzw. niedrigen Kosten“, sagt Kruppa. Skarven sieht den höheren Preis als eine Hürde an: „PUR-Lacke haben eine hohe Qualität. Dementsprechend ist der Preis auch höher. Somit kommen diese Lacke auch nicht bei niedrigpreisigen Produkten zum Einsatz“. Benecke sieht die Limitierung ebenfalls im Preis begründet: „Dort, wo man nicht bereit ist, den relativ hohen Preis zu zahlen, wird es auch künftig schwierig PUR-Lacke zu vertreiben.“
Von Damir Gagro.
Den gesamtem Artikel lesen Sie in der Augustausgabe der FARBE UND LACK. Hier erfahren Sie mehr zu der Marktlage in Asien und das Potenzial von Polyurethanenfür den Einsatz auf Kunststoffen und Glas.