Patchworkfamilie und Lack: Bianca und Michael Schäfer im Porträt
Wenn man bedenkt, dass sich Bianca und Michael Schäfer erst vor wenigen Jahren kennengelernt haben, beeindruckt es doch sehr, was die Geschäftsführer von Höpner Lacke schon alles gemeinsam erlebt haben. Kennengelernt haben sich die beiden im Jahr 2014. Der geborene Hesse Michael Schäfer war nach längerer Selbstständigkeit als Berater für die Druckfarbenindustrie nach Lüdenscheid gezogen. Er sollte sich hier bei der Derschlag Foliendruck GmbH um die Führung von Druckmaschinen und die Umstrukturierung des Farblagers kümmern. Für den gelernten Industriemeister Printmedien standen Optimierungen sein gesamtes Berufsleben im Fokus. Schon bei seinem ersten Arbeitgeber hatte er einige Jahre nach der Ausbildung die Produktivität der Druckerei um gut 80 % gesteigert.
Seine heutige Frau und Miteigentümern von Höpner Lacke Bianca Schäfer war in der Region hingegen beheimatet. Sie war im benachbarten Örtchen Halver aufgewachsen und hatte auch beruflich im Wesentlichen in der Region zu tun. Zwar hatte sie ihre Ausbildung in Dortmund absolviert und auch einige Zeit in Essen gearbeitet, jedoch war sie für beides immer gependelt. Allein in der Ausbildung war sie jeden Tag fünf Stunden unterwegs „Ich bin eben ein Landei“, sagt sie. Die heutige Marketingspezialistin hatte ihre Laufbahn eigentlich mit einer Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin begonnen, startete dann beim Küchenzubehör-Großhändler Rudolph, wo sie nach kurzer Zeit das Marketing für sich entdeckte und mit Anfang zwanzig auch die Leitung dafür übernahm. Ihr Chef hatte ihr Talent erkannt und sie kräftig gefördert.
Als sich beide kennenlernten, hatte sie wie ihr heutiger Mann Michael Schäfer ebenfalls einige Jahre selbständig gearbeitet und war kürzlich wieder in eine Festanstellung gewechselt. Beide sagen, die Freiberuflichkeit würden sie heute nicht noch einmal wählen, obwohl sie beide durchaus einige Erfolge in dieser Zeit für sich verbuchen konnten.
Als sich Bianca und Michael Schäfer 2014 kennenlernten, ging es dann ganz schnell. „Wir haben uns Ende August kennengelernt, im Dezember geheiratet und im Januar ist Michael schon nach Polen gependelt“, erzählt Bianca Schäfer. Dass es so schnell ging, hatte verschiedene Gründe. Beide hatten etwa schon Kinder aus vorherigen Beziehungen. „Wir wussten beide was wir wollten und was nicht“, sagen sie. „Und bei uns hat es einfach gut gepasst.“
Das Ausland ruft
Auch der Plan, ins Ausland zu gehen, hat eine Rolle gespielt. Schon in der Zeit, als sich beide kennenlernten, hatte Michael Schäfer das Angebot, in Polen bei einer Druckerei zu arbeiten. Wenn man ins Ausland ziehe, so sagen sie, sei es schon einfacher verheiratet zu sein. Den Stups nach Polen bekam Michael Schäfer von seiner Frau, da er selbst anfangs noch zögerte. Dann aber ging es ganz schnell, nach kurzer Zeit ist Bianca Schäfer ihrem Mann dann nach Polen gefolgt und war zu diesem Zeitpunkt auch schon mit dem gemeinsamen Kind schwanger. Polnisch sprachen beide zu Beginn nicht, allerdings sind sie in die Region Oberschlesien gezogen, wo die deutsche Sprache durchaus verbreitet sei. Michael Schäfer arbeitet zudem bei einem Unternehmen unter deutscher Geschäftsführung und konnte sich in der Produktionshalle über einen Kollegen in Englisch gut verständigen.
Ein wenig Polnisch habe das Ehepaar schon gelernt, allerdings verblasse dies schon wieder, seit sie wieder in Deutschland leben. Die Sprachbarriere hatte auch ihre Vorteile. Als das Paar auf einem Behördengang war, sprach sie ein Unternehmer aus Deutschland an, um den beiden zu helfen. „Offenbar sahen wir sehr verloren aus”, erinnern sie sich. Drei Tage nach dem zufälligen Zusammentreffen war Bianca Schäfer bei dem Lampenhersteller Spotlight im Marketing angestellt, dessen Geschäftsführer ihr erst gerade eben auf dem Amt geholfen hatte.
Trotz des guten Starts wollten beide nach einiger Zeit wieder nach Deutschland zurückkehren. Das hatte auch mit der Gesundheitsversorgung zu tun. So ist etwa das gemeinsame Kind in Polen zur Welt gekommen. Die Ausstattung im Kreißsaal beispielsweise, erzählt
Bianca Schäfer, habe sie an die 50er Jahre erinnert.
Zunächst gründete das Ehepaar Schäfer ein eigenes Unternehmen, um einen säurehärtenden Lack zu produzieren, den Michael Schäfer in der Vergangenheit mitentwickelt hatte. Als Neuling und noch mit Firmensitz in Polen, stellte sich dieses Unterfangen aber als schwierig heraus. So entschlossen sich die beiden, nach einem Unternehmen in Deutschland zu suchen, dass eine Nachfolge suchte.
Auf in die Lausitz
So kamen sie schließlich zu Höpner Lacke. Der vorherige Eigentümer, die Brüder-Unität Herrnhut, wollte das Unternehmen abgeben, nachdem der vorherige Geschäftsführer aufs Rentenalter zuging und die Umsätze sich zuletzt negativ entwickelt hatten. „Da spielten zum Beispiel die Sanktionen gegen Russland eine Rolle“, erzählen sie. Etwa 20 Interessenten habe es für die kleine Lackfabrik gegeben, vier oder fünf davon seien auch ernst zu nehmen gewesen. Dass das Unternehmen abgeben wurde, ist tatsächlich eine Zäsur, die Brüdergemeine hatte Höpner Lacke 200 Jahre lang im Besitz gehabt.
In den ersten Monaten war Bianca Schäfer allein vor Ort und wohnte zunächst in einer Ferienwohnung. Der Firmensitz befindet sich in Niesky, in der Oberlausitz, einer beliebten Urlaubsregion nahe der Grenze zu Polen und Tschechien. Ihr Mann Michael war noch für einige Zeit in Polen beim vorherigen Arbeitgeber gebunden.
Beide merkten schnell, dass es schon einen kulturellen Unterschied zwischen Sachsen und ihren jeweiligen Heimatregionen in Westdeutschland gibt. „Wären wir nach Bayern gegangen, hätten wir aber auch Unterschiede bemerkt“, sagt Michael Schäfer, der schon in fast allen deutschen Bundesländern und auch in im Ausland wie in Spanien oder Italien beruflich zu tun hatte. „Im ersten Dreivierteljahr versteht man meistens erstmal nichts“, ergänzt er. So habe er etwa festgestellt, dass man offenbar Angst habe, mal „auf Kante zu fahren”. Entsprechend voll seien die Lager bei der Übernahme gewesen. „Das alles hat aber nichts mit schlauer oder dümmer zu tun“, sagt er, der Hintergrund sei eben ein anderer. Solche Optimierungsarbeiten liegen ihm und haben sein ganzes Berufsleben bestimmt.
Das erste Jahr, sagen beide, sei schon sehr anstrengend gewesen. Schließlich seien zuhause auch noch vier Kinder zu versorgen. Eigentlich wollen die beiden daheim auch nicht zu viel über die Arbeit reden. „Aber irgendwer fängt immer an“, sagt Michael Schäfer. Seine Frau ergänzt „Manchmal ist in der Firma auch einfach so viel Trubel, dass wir vorher nicht dazu kommen.“ Dennoch wollen sie dieses Jahr der Familie wegen etwas kürzertreten.
Mit der Familie versuchen beide regelmäßig rauszukommen, vor allem das Schwimmen liegt ihnen. Ob wirklich mehr Zeit für die Familie bleibt, ist allerdings noch abzuwarten.
Zwar haben die beiden schon viel bewegt, vor allem auf der Kostenseite. Hier hats sich einiges beim Einkauf und der Produktion getan sowie auch beim Personal. Das Team ist kleiner und jünger geworden. Auch einen ehemaligen Kollegen aus Polen haben die beiden ins Boot geholt. Dieses Jahr steht aber nun das Thema Umsatz im Vordergrund. Dazu hat sich das Ehepaar auch personell Hilfe besorgt.
Außerdem haben sie den Werksverkauf renoviert und den Onlineshop im Dezember neu aufgesetzt. Hier ist vor allem Bianca Schäfer mit ihrer Marketingexpertise gefragt. Aktuell richtet sich der Webshop an Endkunden, ein Portal speziell für Fachpublikum steht als Nächstes auf der Agenda. Auch Industriekunden sollen stärker in den Fokus rücken. Sie selbst fühlen sich in der Lausitz wohl, und auch ihre Kinder haben sich nach einigen Startschwierigkeiten gut eingelebt. Die Schäfers sind gekommen, um zu bleiben.
// Info: www.hoepner-lacke.de
Von Jan Gesthuizen