Österreichische Lack- und Anstrichmittelindustrie unter Druck
Mit einer Gesamtproduktion von 161.000 Tonnen und einem Produktionswert von 434 Mio. EUR konnte eine – unter den gegebenen Rahmenbedingungen – zufriedenstellende Steigerung von ca. 3,1 Prozent erzielt werden.
Schwieriges Marktumfeld
Während der Bereich der Industrie- und Autolacke (+1,5 %) ebenso wie die Bautenfarben (+1,9 %) nur bescheidene Zuwächse verzeichneten, freuten sich industrielle Holz- und Möbelbeschichtungen über eine willkommene Steigerung von 3,1 Prozent. Das Fazit von Hubert Culik, Obmann der österreichischen Lackindustrie: „Die Unternehmen der Lackindustrie konnten sich 2016 trotz schwierigem Umfeld gut behaupten. Das Jahr 2017 hat gut begonnen. Dank des konjunkturellen Aufschwungs in Europa erwarten wir für dieses Jahr ein besseres Ergebnis.“
Außenhandel hinter Erwartungen
Die von den Unternehmen im Laufe des Jahres 2016 berichteten positiven Entwicklungen in Mittel- und Osteuropa fanden nur bedingt Niederschlag in der Außenhandelsstatistik. Die Entwicklungen sind hier sehr länderspezifisch. Während die Exporte nach Polen um 30 und in die Niederlande um 15 Prozent erhöht werden konnten, verringerten sich die Exporte in die Tschechische Republik um 16 Prozent. „Die Exporte nach Russland erholten sich minimal, die Werte vor der Ukrainekrise sind allerdings nach wie vor unerreicht“, so Ernst Gruber, Obmann Stellvertreter der österreichischen Lackindustrie.
Rohstoffproblematik spitzt sich zu
Rohstoffseitig ist die Branche allerdings schwer gefordert. Bedingt durch einige Force Majeur-Meldungen namhafter Rohstoffhersteller, war man zu Jahresbeginn mit Preisanstiegen und Verknappungen bei selektiven Schlüsselrohstoffen konfrontiert. So sind die Preise für das für die Lackindustrie so entscheidende Titandioxid seit Sommer 2016 um ca. 30 Prozent gestiegen. Mittlerweile hat sich die Teuerung aber quer über die Rohstofflandschaft von Lösemitteln/Bindemitteln und Pigmenten ausgeweitet.
Steigende Mehrbelastungen
Rohstoffkosten sind für die Lack- und Anstrichmittelindustrie entscheidend, da sie mehr als die Hälfte der Produktionskosten ausmachen. Die Mehrbelastung für die Branche wird signifikant werden. Die angespannte Lage dürfte sich auch in den nächsten Monaten nicht deutlich verbessern. Die Rohstoffpreise haben mittlerweile ein Niveau erreicht, das auch verkaufsseitig an die Kunden weitergegeben werden muss.
Druck durch neue Gesetzgebung
Auch die Chemikaliengesetzgebung setzt die Branche unter Druck. Bei der Umsetzung der neuen chemikalienrechtlichen Vorschriften REACH und CLP werden zunehmend schärfere Einstufungen für Stoffe vorgeschlagen und weitgehende Verbots- und Beschränkungsmaßnahmen drohen am Horizont. Viele dieser Rohstoffe sind für die Herstellung von Lacken, Farben und Beschichtungen unverzichtbar. Oftmals unterliegen Neubewertung bzw. Verbote und Beschränkungsmaßnahmen keinerlei fundierten wissenschaftlichen Grundlagen.
Einschränkungen für Produkte mit TiO2?
So könnte die Einstufung von Titandioxid als möglicherweise krebserregend beim Einatmen in naher Zukunft dazu führen, dass die Konsumenten durch verpflichtete Kennzeichnungen in die Irre geführt werden. Der Stoff wird seit rund hundert Jahren kommerziell eingesetzt und derzeit in Mengen von bis zu 10 Millionen Tonnen pro Jahr in Europa hergestellt oder verarbeitet. Zehntausende Arbeiter weltweit und Millionen Konsumenten kommen tagtäglich mit TiO2 in Kontakt. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine krebserregende Wirkung bei einer solch weitreichenden Exposition bislang verborgen bleiben konnte. „Da Titandioxid im flüssigen Lack gebunden ist, kann es logischerweise nicht eingeatmet werden“, folgert Hubert Culik. „Daher wird sich die Lackindustrie dafür einsetzen, dass es zu keinen Einschränkungen für feste und flüssige Produkte, die Titandioxid enthalten, kommt.“
Beschränkungen bei Bioziden
Die von der EU angestrebten Beschränkungen im Biozid-Bereich erschweren die Haltbarkeit besonders bei den umweltfreundlichen, wasserbasierten Farben und Lacken, da diese Produkte ohne Konservierungsstoffe nur noch in Kühlung gelagert werden könnten. „Der heutige Kenntnisstand ermöglicht einen sehr bewussten und nachhaltigen Umgang mit Bioziden“, ist Albert Keiler, Obmann Stellvertreter der österreichischen Lackindustrie, überzeugt. „Im Bereich der Chemikalienkennzeichnung ist eine ganzheitliche Betrachtung und eine objektive Risikoabschätzung unumgänglich, um zu einer tragbaren Lösung zu kommen.“
Stärkung des Industriestandorts
„Im Fokus aller Bemühungen muss die Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit und die Stärkung des Industriestandorts Österreich stehen“, betont Klaus Schaubmayr, Geschäftsführer der Berufsgruppe Lackindustrie. „Maschinensteuer und Arbeitszeitverkürzung wirken sich negativ auf das Wirtschaftswachstum aus, die Lackindustrie braucht Entlastungen und flexible Arbeitszeitmodelle.“