Neuen bionischen Klebstoffen auf der Spur

Im Rahmen eines EU-Projekts untersuchen Forscher biologische Klebstoffe und lassen ihre Ergebnisse in neue bionische Klebstoffe für Anwendungen wie Wundheilung, Geweberegeneration, Lebensmittel, Kosmetik und Holzindustrie einfließen.

Forscher untersuchen Klebstoffsekrete nordamerikanischer Salamander. Quelle: Janek von Byern -

Millionen von Jahren hatte die Evolution Zeit, um Klebstoffe und Nanostrukturen zu entwickeln und zu optimieren, die auch unter extremen Umweltbedingungen funktionieren. Die Natur bietet uns viele Beispiele schier unmöglicher Leistungen – ein Insekt, das kopfüber auf nassen, schmutzigen oder sich bewegenden Oberflächen laufen kann, einen Wurm, der über große Distanz zielsicher klebrige Fäden auf Beutetiere schießt oder einen Salamander der innerhalb von Sekunden einer angreifenden Schlange den Mund zukleistert und so nicht gefressen werden kann.

Klebstoffe durch ungiftige Produkte ersetzen

Das neu gegründete Europäische Netzwerk für Bioadhäsion, finanziert durch COST (Projekt CA15216), vereinigt Forscher aus Europa und der ganzen Welt, um die biologische Klebstoffforschung voranzubringen. In den nächsten vier Jahren wollen sie die Vielfalt der biologischen Klebstoffe erforschen, verstehen und im weiteren Verlauf in praktische, bio-inspirierte Anwendungen umsetzen. Ziel dabei ist es, bereits bestehende, teilweise giftige Klebstoffprodukte aus der Medizin und Kosmetik zu verdrängen und durch natürliche und ungiftige biologische Produkte zu ersetzen.

Jeder Klebstoff ist einzigartig

Janek von Byern vom Ludwig Boltzmann Institut für Experimentelle und Klinische Traumatologie und Norbert Cyran von der Core Facility Cell Imaging and Ultrastructure an der Universität Wien untersuchen derzeit die Klebstoffsekrete nordamerikanischer Salamander, neuseeländischer Insekten, die in Höhlen leben, thailändischer Zwergsepien aus den Mangrovenflüssen und der österreichischen Weinbergschnecke. Seit mehr als zehn Jahren sind die zwei Forscher weltweit unterwegs, um neue Klebstoffsysteme zu entdecken, die Verwendung dieser Klebstoffe in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten und Proben von Klebstoffen und Tierchen zu sammeln, um sie dann im Labor zu analysieren. „Trotz der Vielzahl der Tiere und ihrer Klebstoffe, die wir in den letzten Jahren gesammelt und untersucht haben, haben wir nie zwei ähnliche Systeme gefunden. Jeder Klebstoff ist in seiner Zusammensetzung und Verwendung einzigartig“, sagt Cyran.

Fibrin als medizinischer Klebstoff

Hier bietet das Ludwig Boltzmann Institut fürf Experimentelle und Klinische Traumatologie den Forschern eine Plattform für eine bionische Umsetzung. Das Forschungsinstitut erforscht und verbessert das körpereigene Gewebeklebemolekül Fibrin. Dieses Protein wird aus menschlichem Blutplasma gewonnen und spielt eine zentrale Rolle beim menschlichen Wundverschluss. „Bis heute ist Fibrin der einzige medizinische Klebstoff, der wirklich 'biologisch' ist. Es hat im Vergleich zu einer Vielzahl anderer medizinischer Produkte auf chemischer Basis keine Nebenwirkungen und wird zu 100 Prozent biologisch abgebaut“, sagt Institutsleiter Heinz Redl.

Medizinische Prototypen entwickeln

„Unser Ziel in diesem EU-Netzwerk und darüber hinaus ist es, die vielfältigen biologischen Klebstoffe zu analysieren, die Klebewirkung zu verstehen und medizinische Prototypen zu entwickeln, damit sie in naher Zukunft für chirurgische Eingriffe eingesetzt werden können“, ergänzt von Byern. Das Netzwerkprojekt bietet den Wiener Forschern die beste Möglichkeit, neue Partnerschaften zu schließen, um den Schritt von der Grundlagenforschung hin zur Anwendung zu vollziehen.

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