Im Fadenkreuz: Topf- und Filmkonservierungsmittel unter Druck

Die Bewertung von bioziden Wirkstoffen werden von der aktuellen Biozid-Verordnung (EG) Nr. 528/2012 (BPR) reguliert. Für gut ein ­Fünftel der Wirkstoffe für die Topfkonservierung wurde entschieden und es zeichnet sich ein strenges Vorgehen mit möglichen Auswirkungen auch auf andere Produkte ab.

Im Fadenkreuz: Topf- und Filmkonservierungsmittel unter Druck. Quelle: rosifan9-Fotolia -

Von Gabi Büttner, Umco

In der Branche der Farben und Lacke werden biozide Wirkstoffe dringender gebraucht denn je. Aus Schutzgründen für Mensch und Umwelt verschwinden lösemittelhaltige Produkte immer mehr, dafür nehmen wasserbasierte Systeme stetig zu, diese erfordern aber den Einsatz von bioziden Wirkstoffen. Sie wirken unter anderem als Topfkonservierer und Beschichtungsschutzmittel der Schimmel- und Algenbildung bei einer Beschädigung von Farben oder Beschichtungen an Gebäudefassaden entgegen. Die ersten Ausläufer der Wirkstoffgenehmigungen für Topfkonservierer erreichen derzeit betroffene Unternehmen in Form von Einschränkungen.

Produktarten 6 und 7 – Schnittmengen Topfkonservierer (Produktart 6) sollen wasserbasierte Farben in Behältern vor Mikroorganismen schützen, die zu Verfärbungen oder Viskositätsänderungen führen können. Beschichtungsschutzmittel (Produktart 7) hingegen sollen unter anderem Wände und Fassaden vor Befall von Pilzen und Algen bewahren, die die Oberfläche verfärben und den Anstrich beschädigen. Trotz unterschiedlicher Anwendungsbereiche, gibt es bezüglich der verwendeten Wirkstoffe eine wesentliche Schnittmenge: Die beiden wichtigsten Vertreter sind das Zink-Pyrithion und die Stoffklasse der Isothiazolinone. Wirkstoffe werden pro Produktart schon seit Jahren im Zuge des sog. Altwirkstoffüberprüfungsprogramms systematisch neu bewertet. Wirkstoffe der Produktart 6 sind hierbei zeitlich vor denen der Produktart 7 vorgesehen. Insbesondere bei identischen Wirkstoffen können aktuelle Ergebnisse der Genehmigungen für Topfkonservierer möglicherweise bereits einen Hinweis auf die zu erwartenden Ergebnisse für Beschichtungsschutzmittel geben. Der Zeitplan zur Genehmigung der Wirkstoffe der Produktarten 6 und 7 sieht vor, dass in den kommenden fünf Jahren diesbezüglich alle ausstehenden Entscheidungen getroffen werden. Erste Ergebnisse aus den Ge-nehmigungsverfahren sehen entweder die Substitution von Wirkstoffen oder schärfere Einstufungen und Kennzeichnungen vor.

Ausschlusskriterien und Substitution von Wirkstoffen Der Ausschluss und die Substitution von Wirkstoffen stellen eine Herausforderung für die Industrie dar, da sie im Wesentlichen auf Gefahrenkriterien und nicht auf der Risikobewertung beruhen und die Möglichkeit besteht, dass Stoffklassen per se ausgeschlossen werden. Nachdem z.B. Formaldehyd als kanzerogen eingestuft wurde, betrifft dieser Ausschluss die Gruppe der Formaldehydabspalter, welche als wichtige Topfkonservierer Einsatz findet. Unabhängig vom Einsatzbereich in der Produktart 6 oder 7 ist auch die Zukunft von Zink-Pyrithion ungewiss, da diesem Wirkstoff dasselbe Schicksal wie das der Formaldehydabspalter ereilen könnte. Grund hierfür ist der aktuelle Antrag zur harmonisierten Einstufung als reproduktionstoxisch, dessen Ausgang noch offen ist.

Kennzeichnungsgrenzen – Quasi-Verbot Doch die Entwicklung einer signifikanten und kontinuierlichen Verringerung an Wirkstoffen und Familien von Wirkstoffen ist nicht nur auf Ausschluss und Substitution zurückzuführen. Eine weitere Einschränkung der Nutzung ergibt sich aus den stoffspezifischen Kennzeichnungsgrenzen. So haben z.B. Isothiazolinone bekanntermaßen ein Haut-Sensibilisierungspotenzial und werden zu Recht sorgfältig bewertet. Entgegen der Hoffnungen der Industrie legt der Gesetzgeber allerdings auch hier eher einen gefahren- als einen risikobasierten Ansatz der Wirkstoff-Bewertung zugrunde. Das bedeutet, dass weniger die Verwendung und die sichere Handhabung im Vordergrund stehen, als das Gefahrenpotenzial des Stoffs. Dieses zeigt sich im Vorschlag des RAC für den Stoff MIT. Für das Isothiazolinon-Gemisch CMIT/MIT besteht bereits seit 2002 aufgrund des hohen Hautsensibilisierungspotenzials eine Kennzeichnungsgrenze ab 15 ppm.

Der Vorschlag des RAC schlägt diese Grenzen ebenfalls für MIT vor, welches aufgrund der geringeren Hautsensibilisierung eigentlich eine Alternative darstellt. Anders als CMIT/MIT ist MIT bei dieser Konzentration als Topfkonservierer nicht wirksam und so kommt die Kennzeichnungsgrenze einem Quasi-Verbot von MIT für den Bereich der Privat-Anwender gleich. Es bleibt abzuwarten, wie die Entscheidungen zu den anderen Isothiazolinonen sowohl im Bereich der Topfkonservierer, als auch der Beschichtungsschutzmittel ausfällt.  Die bisherigen Entscheidungen lassen vermuten, dass die Auswahl an Wirkstoffen für die verschiedenen Anwendungen aufgrund dieser Kennzeichnungsgrenzwerte weiter schrumpfen wird.

Isolierte Betrachtung der Wirkstoffe Die Frage, ob Konservierung und Beschichtungsschutz genügend ganzheitlich betrachtet werden, kann derzeit mit einem „Nein“ beantwortet werden. Die isolierte Betrachtung der Wirkstoffe für die Farben- und Beschichtungsindustrie birgt die Gefahr, dass durch die Einzelbeurteilung eine kritische Reduktion an vorhandenen Alternativen erst gesehen wird, wenn es zu spät ist. Die Forderung von Verbänden alle Wirkstoffe einer Produktart zeitgleich zu bewerten, um immer das Gesamtbild möglicher Alternativen vor Auge zu haben, wird derzeit für die Topfkonservierer nicht verfolgt, möglicherweise aber noch für die Beschichtungsschutzmittel.

Rechtlicher Hintergrund: Verwendungseinschränkungen Die BPR sieht verschiedene Stufen für den Ausschluss oder Einschränkung eines Wirkstoffs vor:

  • Artikel 5 – Ausschlusskriterien: Wirkstoffe, die aufgrund ihrer Eigenschaften als besorgniserregend eingestuft werden (CMR, PBT/ vPvB, endokrin wirksam) sind von einer Genehmigung ausgeschlossen.
  • Artikel 10 – Zu ersetzende Wirkstoffe: Inhalationsallergene, Wirkstoffe, die zwei der drei PBT-Kriterien erfüllen, aber auch Wirkstoffe, die unter Art. 5 fallen, deren Verwendung aber z.B. aus sozio-ökonomischen Gründen unverzichtbar ist, sind sog. Substitutions-Wirkstoffe. Sie können bedingt genehmigt werden, haben aber einen kürzeren Geltungszeitraum da sie mittelfristig weitestgehend substituiert werden sollen.
  • Artikel 23 – Vergleichende Bewertung von Biozidprodukten: Die befasste zuständige Behörde muss vor Zu-lassung eines Biozidprodukts, welches einen Wirkstoff nach Artikel 10 enthält, eine vergleichende Bewertung vornehmen. Hierbei soll u.a. geprüft werden, ob es Alternativen mit weniger gefährlichen Wirkstoffen gibt, die mindestens genauso wirksam sind und ob die chemische Vielfalt der verbleibenden Wirkstoffe ausreichend ist, um Resistenzen vorzubeugen.
  • CLH: Darüber hinaus kann ein Wirkstoff jederzeit über die harmonisierte Einstufung und Kennzeichnung mit einer stoffspezifischen Kennzeichnungsgrenze (SCL) belegt werden, die weitreichende Konsequenzen für die Verwendung haben kann.

Ausblick

Es zeichnet sich derzeit eher ein durchwachsenes Bild für die gesamte Branche ab, da kurzfristig weder neue innovative Wirkstoffe zur Verfügung stehen werden, noch zu erwarten ist, dass der gefahrenbasierte Ansatz mehr durch einen risikobasierten Ansatz abgelöst wird. Die Herausforderung für die Industrie wird sein durch Kombination der wenigen verbleibenden Wirkstoffe eine große Palette an Verwendungen für die Topfkonservierung und dem Beschichtungsschutz abzudecken.

Veranstaltungstipp Sie interessieren sich für das Thema Biozide? Am 14. und 15. November findet die FARBE UND LACK // KONFERENZ „Leistungsstarke Biozide und ihre Alternativen“ in Kassel statt. Hier wird auch Gabi Büttner einen Vortrag halten zum Thema „Wirkstoffgenehmigungen und Biozidproduktzulassungen – Überwindbare Hürden für Topfkonservierer und Beschichtungsschutzmittel?“.

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