Gipfeltreffen der globalen Lackindustrie
Auch 2019 folgten 115 Führungskräfte aus 21 Ländern der Einladung von Weltlackverband IPPIC und Vincentz Network zum Weltgipfel der Lackindustrie, der vom 30. Januar bis zum 1. Februar 2019 in Paris stattfand. Gemäß dem Motto der Veranstaltung – „Shaping the future of a dynamic industry” – spannten die hochkarätigen Sprecher der Veranstaltung einen Themenbogen von globalen Wachstumsstrategien und -perspektiven über spezifische Märkte bis hin zur Bewältigung von besonderen Herausforderungen.
Globale Wachstumstrategien und -perspektiven
Charles Shaver, Chairman von Axalta Coating System, USA beleuchtete in seiner Präsentation eine Reihe von Aspekten, die wichtig für zukünftige Wachstumsszenarien seien. Der Generation der sogenannten Millenials fiele dabei als Kunden eine besondere Rolle zu, so Shaver. Sie werden schnell ein größeres Kundensegment im Markt werden, so Shaver und haben besondere Bedürfnisse. Sie wechseln schnell ihren Geschmack und Trends. Die schnell wechselnden Geschmacksrichtungen und das Trendspotting der Millenials würden nach Meinung Shavers die Hersteller von Farben und Lacken zwingen, schlankere Farbwechselprozesse, schnellere Zulassung von Formulierungen und insgesamt eine schnelle Produktion zu gewährleisten. „Diese Generation schätzt und erwartet ein höheres Maß an sozialer und ökologischer Verantwortung von den Herstellern“, sagte Shaver. Demnach sind 89 % der Millennials offen für die Idee des nachhaltigen Investierens im Vergleich zu Generation X (79 %) und der Generation der Babyboomer (66 %), so Shaver weiter.
Das bringt die Zukunft
Nach Meinung von Shaver wird privates Beteiligungskapital auch weiterhin Bestandteil der Branche bleiben, auch wenn diese Investoren bisher eher opportunistisch als strategisch vorgegangen seien.
Shaver zufolge ist die Industrie gut positioniert für weitere Fusions- und Akquisitionstätigkeiten. „Die weltweite Lackindustrie ist nach wie vor stark fragmentiert, wird jedoch von neun großen international agierenden Unternehmen dominiert“, so Charles Shaver, Chairman von Axalta Coating System. Bis 2021 würden 60 % der globalen Lackproduktion in Asien stattfinden – 37 % davon allein in China, so Shaver. Somit spielt die Musik im internationalen Lackgeschäft nach wie vor im asiatisch-pazifischen Raum.
China im Fokus
Thierry Vanlacker, CEO von Akzo Nobel, Niederlande nahm China aus einer globalen Perspektive in den Fokus seiner Präsentation. Sein Unternehmen habe viele Aktivitäten in diesem Land. Vanlacker stellte gleich zu Beginn heraus, dass die Wachstumsraten dieses Landes trotz der Verlangsamung noch hoch seien im Vergleich zu anderen Ländern und Regionen. Die gesamten Einzelhandelsumsätze mit Konsumgütern blieben zwar in den letzten Jahren konstant, zeigen aber konstant eine einstellige Wachstumsrate seit 2018. Als Hauptherausforderung für die chinesische Wirtschaft identifizierte Vanlacker, die Verlangsamung der Immobilienblase, die Handelsstreitigkeiten mit den USA, die Spekulationsschuldenkrise, die Kapitalfluchtdebatte, sich schnell ändernde Nachhaltigkeitspolitik und steigende Kosten für Fachkräfte. Bezogen auf den Absatz von Lacken sieht Vanlacker eine starke Nachfrage in China nach so genannten Öko-Premienprodukten, die bio- und wasserbasiert sind.
Yin Xu, Chairman der Xiangjiang Paint Group, China stellte in seinem Vortrag den chinesischen Markt im Detail vor. Demnach wuchs von 2008 bis 2017 die Lackproduktion in China von 6.38 auf 20.36 Mio.Tonnen und der Wert stieg von 26.48 auf 60.65 Mrd. US Dollar. Dabie bilden mit 69% die industriellen Beschichtungen das größte Marktsegment in China. Laut Xu sei der Markt mit etwa 10.000 Lackherstellern bisher kaum konsolidiert und Fusions- und Akquisitionsaktivitäten würden einen Trend in der chinesischen Lackindustrie bilden.
Einblicke in weitere regionale Märkte
Im Rahmen des hochkarätigen Vortragsprogramms gaben führende Köpfe der internationalen Lackindustrie Einblicke in ihre Erfolgstrategien. So stellte Armodios Yannidis, CEO Vitex-Yannidis Griechenland auf unterhaltsame Weise vor, wie ein familiengeführtes mittelständisches Unternehmen trotz verschiedenster, gleichzeitig auftretender Widrigkeiten, erfolgreich Krisen meistern kann. Auch die japanische Lackindustrie hat herausfordernde Zeiten hinter sich, wie Tetsushi Tado, President und CEO von Nippon Paint Holdings berichtete. Patrick Houlihan, Managing Director und CEO der Dulux Gruppe, ging in seinem Vortrag darauf ein, wie man in einem gesättigten Markt wie Australien auch ohne Fusions- und Akquisitionsaktivitäten ein dauerhaftes solides Wachstum erzielen kann.
Ist die Lackindustrie konservativ?
Daniel Llinás, CEO von Titanlux, Spanien stellte in seinem Vortrag die leicht provokante Frage, ob die Lackindustrie konservativ sei. Ihm zufolge sei das Image der Lackindustrie zwar besser, was den wirtschaftlichen Beitrag und die Umweltverantwortung betrifft, ließe aber in anderen Bereichen zu wünschen übrig. Sie werde nicht immer als innovativ, agil und cool angesehen.
Weiterhin fragte er „sind wir gerüstet für die digitale Herausforderung?“ Digitalisierung könne das Business auf vielerlei unerwartete Weise beeinflussen, so Llinás weiter. Seiner Meinung nach, solle die Industrie Digitalisierung annehmen und in die Strategie einbetten. Er zeigte weiterhin, dass es eine starke Korrelation zwischen Managementpraktiken und Produktivität gäbe und das am Ende der Schlüssel zum Erfolg sei.
Am Ende waren sich alle Teilnehmer einig, dass diese Veranstaltung erneut eine hervorragende Gelegenheit war, sich auszutauschen und wertvolle Kontakte zu knüpfen. Der nächste Coatings Summit wird im Januar 2021 in den USA stattfinden.
Von Dr. Sonja Schulte