Februar-Ausgabe // Dr. Anton Angerer im Porträt
Seit Dezember 2014 ist der 47-Jährige bei der Hemmelrath Lackfabrik in Klingenberg tätig, zunächst als Bereichsleiter Sales and Marketing, und seit Januar 2016 als kaufmännischer Geschäftsführer.
Die ersten eineinhalb Jahre ist er von Wien nach Klingenberg gependelt. Der Umzug in die Nähe des Firmensitzes fiel vor allem Angerers Ehefrau – eine „echte Wienerin“ – nicht leicht. Inzwischen hat die Familie sich aber gut eingelebt in Alzenau, das etwa 35 Kilometer entfernt von Klingenberg liegt. Anton Angerer kann einen nicht ganz alltäglichen Lebenslauf vorweisen: Geboren ist der 47-Jährige in Mexiko. Seine Mutter ist Mexikanerin, der Vater stammt aus Österreich. Nachdem er in Puebla die deutsche Schule besucht hatte, zog die Familie aus beruflichen Gründen 1984 nach Lindau am Bodensee. Ein Kulturschock: vom quirligen Mexiko und der Millionenstadt Puebla an den beschaulichen Bodensee. Zur Schule ging Angerer dort auf ein Gymnasium für Jungen, das Leben erschien ihm damals sehr provinziell. „Den Umzug an sich empfand ich nicht als problematisch“, erinnert sich Angerer, „aber die Lebensumstände änderten sich schlagartig.“ Das Leben in Mexiko sieht er auch heute noch als eine wertvolle Erfahrung an. Denn auch wenn es seiner Familie in seinem Geburtsland gut ging, war die Armut anderer Bevölkerungsteile viel sichtbarer als in Deutschland oder Österreich. Ihm wurde bewusst, dass man dankbar dafür sein müsse, bessere Möglichkeiten zu haben und diese auch ausnutzen sollte. Nach dem Abitur studierte Angerer Wirtschaftsingenieurwesen in Karlsruhe. Seine Promotion erfolgte erst vor zwei Jahren berufsbegleitend an der Technischen Universität Graz. Nach dem Studium war Angerer zehn Jahre lang als Unternehmensberater tätig. „Ich fand das einfach cool, einen wirklichen Plan hatte ich damals nicht“, gibt er schmunzelnd zu. Nach dem Start bei einer kleinen Firma wechselte er zur Branchen-Größe Andersen Consulting (heute Accenture). Von Anfang an spezialisierte er sich dabei auf Automobilzulieferer und war für Strategie und Vertrieb zuständig. Zehn Jahre im Consulting-Geschäft reichten Angerer allerdings, „dann wollte ich weg von der Beratung“. Nahe lag da der Wechsel in die Automobilzulieferindustrie: „Ich wollte Sachen umsetzen“.
Als das Angebot von Magna kam, griff er zu und war dann sieben Jahre für den österreichischen Automobilzulieferer tätig. In Österreich, genauer gesagt: in Wien, lernte er auch seine jetzige Ehefrau kennen. Gemeinsam zogen sie nach München und Köln, dann wieder zurück nach Österreich. Angerer wechselte von Magna zu Faurecia und anschließend zu Delphi. Nach seinen Stationen bei drei der größten Automobilzulieferern der Welt und hoher Umsatzverantwortung erschien das Angebot der Hemmelrath Lackfabrik zunächst einmal „absurd“: ein Familienunternehmen in einer fränkischen Kleinstadt – „auf den ersten Blick war das nicht meine Welt.“ Und zur Lackindustrie hatte er zum damaligen Zeitpunkt auch wenig Berührungspunkte. Andererseits: Die internen Abläufe und Zwänge bei großen Unternehmen, der Druck, sich ständig rückversichern zu müssen, hatten bei Angerer schon seit längerer Zeit zu einer gewissen Unzufriedenheit geführt.
Das erste Gespräch mit den Hemmelrath-Eigentümern zeigte: Menschlich passte es von Anfang an. Das zweite Gespräch führte dann zum Wechsel nach Klingenberg. „Es war die richtige Entscheidung“, ist er überzeugt, denn ihm gefällt, „was man zurück bekommt“. Als kaufmännischer Geschäftsführer ist er für das gesamte wirtschaftliche Ergebnis des Unternehmens zuständig, nach wie vor ist er zudem Vertriebsleiter. Für Angerer spielt die Größe des Unternehmens inzwischen keine Rolle mehr. Die Lackindustrie gefällt dem Vertriebsexperten, „da sie sehr dynamisch ist“. Und als Herausforderung sieht er, sich als einer der letzten Mittelständler unter den Automobilzulieferern zu positionieren. Auf der einen Seite werde viel Wert gelegt auf „Made in Germany“, andererseits produziere das Unternehmen lokal in China, Brasilien und den USA. Weniger mit Reisen verbunden ist die neue Tätigkeit. Aber Angerer freut sich, seine Familie, die aus seiner Ehefrau und ihm, den 13 und 10 Jahre alten Kindern, zwei Hunden und zwei Katzen besteht, nun ständig um sich zu haben. Neu ist für ihn, dass er so auch mal abends zum Elternabend in die Schule fährt, aber auch sein Sportprogramm auf das Familienleben abstimmen muss. Denn Sport ist ein ganz wichtiger Ausgleich für den hochgewachsenen 47-Jährigen. Waren es früher die Ballsportarten, so hat es ihm heute der Ausdauersport angetan. Im Jahr 2002 lief er seinen ersten Marathon in Wien. Da ihm das reine Laufen auf Dauer zu einseitig war, hat er sich nun dem Triathlon zugewandt. Die olympische Distanz ist seine Disziplin: 1,5 km Schwimmen, 40 km Radfahren, 10 km Laufen. Fürs Training gilt es sich Freiräume zu schaffen, ohne dass die Familie zu kurz kommt. Gut trifft es sich, dass die Kinder Sport-Events mögen und gern dabei sind, wenn ihr Vater an den Start geht. Weitere Interessen des Familienvaters sind Elektronik/Computer/Internet, das Lesen von Fachliteratur, und er macht sich auch viele Gedanken über gesellschaftliche und politische Veränderungen, „denn die haben u.a. auch Auswirkungen auf das Geschäft“.
// Kontakt: l.abb@hemmelrath.de
Kirsten Wrede