Energiemanagementsysteme: Was ist neu an der ISO 50003?
Von Steffen Nölck, TÜV Nord
Mitte Oktober wurde die Akkreditierung aller Zertifizierungsstellen im Bereich Energiemanagementsysteme (EnMS) auf die internationale Akkreditierungsnorm ISO 50003 umgestellt. Viele Anforderungen der Norm betreffen in erster Linie die Zertifizierungsstellen. Es gibt aber eine wichtige Änderung für Unternehmen: Bisher reichte es aus, ein funktionsfähiges Energiemanagementsystem nachzuweisen. Das allein genügt jetzt nicht mehr. Die Verbesserung der energiebezogenen Leistung gegenüber der Ausgangsbasis wird durch die neue Norm essenziell für den Zertifizierungsprozess. Zukünftig müssen die Unternehmen ihre „Leistungsfähigkeit des Energiemanagementsystems“ durch eine kontinuierliche Verbesserung der energiebezogenen Leistung nachweisen. Sie setzt sich zusammen aus messbaren Ergebnissen bezüglich Energieeffizienz, Energieeinsatz und Energieverbrauch. Die Dokumentation der Ergebnisse ist ab sofort bei jedem Zertifizierungs- und Re-Zertifizierungsaudit durchzuführen.
Welche Unternehmen sind von den Änderungen betroffen?
Betroffen sind insbesondere Unternehmen des produzierenden Gewerbes, die im Rahmen des Spitzenausgleichs beziehungsweise der Umlagebegrenzung im Erneuerbare-Energien-Gesetz Anträge stellen. Zudem gilt die Regelung für alle großen Unternehmen, die ein Energiemanagementsystem betreiben, um die gesetzlichen Anforderungen gemäß dem Energiedienstleistungsgesetz einzuhalten. Bereits seit der Einführung des Energie- und Stromsteuergesetzes 2013 sind bestimmte Steuererleichterungen für Unternehmen an die Verbesserung der Energieeffizienz gekoppelt. Neu ist, dass diese Steuererleichterungen beziehungsweise -rückzahlungen an eine verbesserte energiebezogene Leistung gebunden sind. So soll bei Unternehmen der Anreiz erhöht werden, ihre Energieeffizienz kontinuierlich zu steigern und auch von den tatsächlich gesparten Energiekosten zu profitieren. Wie hoch diese letztendlich ausfallen, ist natürlich abhängig vom tatsächlichen Energieverbrauch und den jeweiligen Energiepreisen.
Für wen lohnt sich ein EnMS?
Auch wenn es nicht für jedes Unternehmen vorgeschrieben ist, bieten Energiemanagementsysteme viele Vorteile. Mit einem Energiemanagementsystem können Verbräuche und Energieflüsse transparent gemacht werden und Optimierungspotenziale identifiziert werden. Damit senken Unternehmen ihre Energiekosten und steigern die Wirtschaftlichkeit. Außerdem werden die Mitarbeiter durch die Einführung eines Energiemanagementsystems stärker für Umweltfragen sensibilisiert.
Ist die potentielle Einsparung im Bereich der chemischen Industrie rentabel?
Die chemische Industrie – und als Teil davon auch die Farb- und Lackbranche – ist mit 1.683.906 verbrauchten Terajoule im Jahr 2015 der mit Abstand energieintensivste Produktionsbereich in Deutschland, wie das Statistische Bundesamt ermittelt hat.
Zum Vergleich: Die Metallindustrie liegt mit 908.844 Terajoule auf Platz zwei. Je nach Unternehmen beträgt der Anteil der Energie- an den Gesamtkosten bis zu 15 Prozent. In Zeiten steigender Energiepreise sind Einsparungen nicht nur aus Umweltsicht vorteilhaft, sondern aus schlicht ökonomischer Notwendigkeit. Um einen Eindruck über die weltweiten Dimensionen zu geben: Laut einer Studie der Internationalen Energieagentur IEA mit den internationalen Chemieverband ICCA und der Gesellschaft für Technik und Biotechnologie e.V. (DECHEMA) wird das globale Einsparungspotential bis 2050 auf rund 13 Exajoule geschätzt. Das entspricht in etwa dem Primärenergieverbrauch Deutschlands für ein ganzes Jahr.
Der Energieverbrauch ist also hoch. Entsprechend viel Einsparungspotential bietet diese Branche. Genau an diesen Einsparpotentialen setzen Energiemanagementsysteme an. Oftmals können Unternehmen mit bereits vergleichsweise einfachen Maßnahmen ihren Energieverbrauch optimieren.
Welche Schritte sind zur Einführung eines Energiemanagementsystems notwendig?
Grundsätzlich orientiert sich das betriebliche Energiemanagement der ISO 50001 an dem bekannten PDCA (Plan, Do, Check, Act)-Kreislauf anderer bekannter Managementsysteme wie der Qualitätsmanagementnorm ISO 9001. Somit steht am Anfang eine Planungsphase, deren Maßnahmen umgesetzt und geprüft werden. Im Anschluss folgt die Umsetzung von Verbesserungen. Wichtig ist vor allem die Ernennung eines Energiemanagementbeauftragten, bei dem alle Fäden zusammenlaufen.
Was muss der Energiemanagementbeauftragte leisten können?
Der Beauftragte und sein Team sind verantwortlich für das Energiemanagementsystem. Ihre Aufgabe ist es, transparent und damit nachweisbar zu zeigen, wie sich die energiebezogene Leistung entwickelt. Der Beauftragte muss daher über entsprechende allgemeine und spezifische Fachkompetenzen verfügen. Dazu gehören neben der Kenntnis der relevanten Normen auch Kenntnisse darüber, wie Energieeffizienzkriterien festgelegt und entsprechende Effizienzmaßnahmen umgesetzt und beurteilt werden können. Darüber hinaus sind methodische, organisatorische und technische Fertigkeiten im Umgang mit einem EnMS grundlegende Voraussetzungen.