Die „trockene“ Geschichte der Pulverlacke

Wie ist der Zustand der Pulverlackwelt? Trocken, sehr trocken, antwortete ein ehemaliger Kollege, als ich dies fragte. Für mich, als eher Flüssiglack-Domestizierte, war es sehr spannend, mal auf die andere Seite zu schauen.

Wüste als Symbolbild für trockene Pulverlacke
Trocken wie Wüste aber längst nicht so lebensfeindlich. Pulverlacke haben eine interessante Entwicklung hinter sich. (Quelle: majonit – stock.adobe.com) -

Eigentlich gelten Flüssiglacke als das Mittel der Wahl für Beschichtungen aller Art, aber parallel hat sich eine kleine, aber feine Nische entwickelt, die sich für viele Anwendungen als passender erwiesen hat. Außerdem ist der Pulverlack mit etwa 10 % am gesamten Lackmarkt gar nicht mehr so klein.

Es handelt sich ja noch um eine relativ junge Disziplin der Lacktechnik. In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts gibt es die ersten Systeme, welche aber erst in den 70er Jahren eine gewissen Relevanz in der industriellen Applikation bekommen. Dies wurde vor allem durch die neue „Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft“ von 1974 begünstigt. Letztere gab im Wesentlichem vor, wieviel Lösemittel noch verwendet werden dürfen.

Die ersten Pulverlacksysteme

Damit wurden wässrige und high-solid Systeme plötzlich attraktiver und auch die Pulverlacke bekamen ihre Chance. Der große Vorteil der Pulverlacke ist die vollständige Abwesenheit von Lösemitteln sowohl während der Produktion als auch in der Anwendung. Das hat nicht nur Vorteile in Bezug auf Umweltschutz, sondern auch in der Logistik. 

Frühe Pulverlacke waren rein thermoplastisch und damit nur für wenige Einsatzzwecke zu verwenden. Durch die Entwicklung duroplastischer Harze, können sowohl chemisch als auch mechanisch sehr stabile Lacke hergestellt und appliziert werden. Die ersten Epoxy-Systeme für die Elektroisolation haben allerdings noch einige Probleme, wie A. Stender in einer Arbeit 1969 feststellen musste (Farbe und Lack 9/1970). Bei Schichtstärken unter 200 µm gab es noch keinen einwandfreien Verlauf und ganz porenfrei war der Film auch nicht. Angestrebt sind auch hier Schichtstärken von 60-120 µm, um eine gute Kosten/Nutzen Bilanz zu erreichen.  

Neue Bindemittel für Pulverlacke

Die durch die neuen Regularien angeschobene Entwicklung brachte schnell Rohstoffe mit verbesserten Eigenschaften hervor, die nun auch an die einzelnen Anwendungen wie Metall-Möbel, Haushaltsgeräte oder Bauindustrie angepasst werden konnten. Auch für Autoteile wurde und wird Pulver verwendet. Die erste Bindemitteltechnologie der Epoxide verliert schnell an Boden. Schon 1980 sind dies nur noch ca. 15 %. Mit 60 % sind zu diesem Zeitpunkt schon Hybride aus Epoxy und Polyester die Hauptbindemittel. Diese sind auch heute noch am weitesten in Europa verbreitet. USA und Japan setzen eher auf Polyurethane. 

Die Technik der Pulverlacke macht leider einen Einbrennofen mit zum Teil über 200°C nötig, auch hier wurde und wird, im Zuge der Ökobilanzen, verlangt die Temperatur zu erniedrigen. Stand der Technik ist hier ca. 140°C. Viel weiter hinunter wird es vermutlich nicht gehen, da die Rohstoffe vorher extrudiert und vermalen werden müssen. Bei beiden Prozessen entstehen auch höhere Temperaturen, sodass vermieden werden muss, dass schon dort die Vernetzung und Filmbildung einsetzt. Niemand möchte verklebte Extruder oder verstopfte Mühlen. Allerdings gibt es auch noch immer viele Anlagen mit höheren Temperaturen um bestimmte Eigenschaften zu erzielen.

Neue Substrate für Pulverlacke

Sehr lange wurden Pulverlacke zwar für die verschiedensten Anwendungen genutzt, aber die Substrate waren meist Metall. Seit der Jahrtausendwende und der Entwicklung von Harzen mit niedrigeren Einbrenntemperaturen können auch Holzwerkstoffe wie MDF sehr effizient mit Pulver beschichtet werden. Dabei trocknen die Teile in nur ca. 5-10 min bei 140°C. Auch neue Technologien wie „Pulver-in-Pulver“ finden ihren Einsatz. Hier liegt der Vorteil beim Anwender, der viel Platz und Energie einsparen kann, wenn zwei Schichten ohne Zwischentrocknung, gleich nach einander appliziert werden können.

Es gibt noch viel Entwicklungspotential – aber trocken wird es bleiben. 

Nina Musche

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