Der Familienunternehmer: Robert Schramm im Porträt

Eigentlich sei so ein Porträt überhaupt nicht seine Sache, erklärt Robert Schramm gleich zu Beginn des Gesprächs. Der geschäftsführende Gesellschafter der wefa (Westdeutsche Farben GmbH) in Essen ist keiner, der seine eigene Person in den Vordergrund drängt.

Robert Schramm -

Viel lieber spricht er über sein Familienunternehmen, ein Nischenanbieter von wasserbasierten Lacksystemen mit rund 50 Mitarbeitern. Das „Wir-Gefühl“ liegt Robert Schramm sehr am Herzen. Um nah an seinen Mitarbeitern zu sein, beginnt sein Tag mit einem Rundgang durch die Produktionshallen, Laborräume und Büros. Freundlich begrüßt er die Belegschaft, wechselt hier und da ein paar Worte. „Mir ist der Mensch wichtig, ob Mitarbeiter, Kunden oder Lieferanten, das kommt in der heutigen Zeit oft zu kurz“, bedauert der Firmenchef. Traurig stimme ihn, dass in Zeiten von Übernahmen und Fusionen ganze „Dynastien“ von Familienunternehmen zerstört würden. Große Konzerne suchten die Nähe zu Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten gar nicht, während es bei einem kleineren Unternehmen wichtig sei, Beziehungen aufzubauen.
Eine Trennung zwischen Beruf und Privatem gibt es für den Vollblutunternehmer nicht: „Die Firma ist Familie.“ Zur wefa-„Familie“ gehört übrigens neuerdings auch ein kleiner Labradorwelpe, der sich bereitwillig kraulen lässt und zum guten Betriebsklima beiträgt.

Leitung in dritter Generation

Robert Schramm leitet das auf Wasserlacke spezialisierte Unternehmen, das in diesem Jahr 95-jähriges Jubiläum feiert, bereits in dritter Generation. Sein Großvater Oscar Brüche hatte die „Westdeutsche Farbenindustrie AG“ 1923 gegründet und zunächst mit chemischen Baustoffen gehandelt. Die Entwicklung und Produktion von Farben und Lacken kam nach dem Zweiten Weltkrieg hinzu. Alte Briefe und Werbeanzeigen, eingerahmt und aufgehängt in den Firmenräumen, zeugen noch aus dieser Zeit. „Ich bin da hineingewachsen“, sagt Schramm. Nach dem Tod des Großvaters 1969 übernahm seine Mutter zusammen mit einem Schulfreund die Leitung. Als es darum ging, welcher ihrer Söhne die Firma weiterführen würde, stand Robert Schramm schon in den Startlöchern. Als jüngster von drei Brüdern musste er keinen Wehr- oder Zivildienst ableisten. Einer Lehre im Familienunternehmen folgte ein drei jähriges begleitendes BWL-Studium an der Abendschule. „Mit 24 Jahren war ich mit allem fertig“, erzählt Schramm. Ein Vollstudium, wie es seine Brüder absolviert haben, kam für ihn nicht in Frage, er wollte so früh wie möglich ins Berufsleben starten. „Auch wenn so ein richtiges Studentenleben bestimmt schön sein kann“, meint der 48-Jährige mit einem Augenzwinkern. Er dagegen war bereits mit 27 Jahren alleiniger Geschäftsführer von wefa. „Auf einmal nannten mich einige Mitarbeiter ‚der Alte‘“, erinnert er sich schmunzelnd.

Fokus auf wasserbasierte Lacke

Schon seit etwa 30 Jahren setzt wefa auf wasserbasierte Lacke. Bis auf einige wenige Nischenprodukte verzichtet der Hersteller weitestgehend auf Lösemittel. Vier Segmente bedient das Essener Unternehmen mit seinen Produkten: Schienenfahrzeuge, Maschinen- und Apparatebau, Möbelindustrie, Wehr- und Militärtechnik. Robert Schramm verweist auf die Zulassungen der Deutschen Bahn, aber auch der Schweizer, der österreichischen und französischen Bahngesellschaften. Sehr stolz ist man bei wefa, als kleines Unternehmen den Zuschlag für die Lieferung des Lacks des ICE 4 erhalten zu haben. Immerhin ist der Hochgeschwindigkeitszug das aktuelle Prestigeobjekt der Deutschen Bahn. Doch auf dem Erreichten ausruhen, ist nichts für Robert Schramm. Sein Ziel ist es, Wasserlacke noch widerstandsfähiger zu machen und den Lösemittelanteil noch weiter zu reduzieren und dabei auch die Qualität und die Produktionsprozesse ständig zu verbessern: „Besser geht immer.“ Auch das Firmengelände bietet noch Platz für einen weiteren Ausbau. Hohe Priorität haben für Robert Schramm der Umwelt- und Gesundheitsschutz. „Als Unternehmer sollte man viel mehr Wert darauflegen, dass Produkte und Prozesse nicht gesundheitsgefährdend sind.“

Fließende Grenzen zwischen Firma und Privatleben

Immer wieder wird klar: Die Grenzen zwischen Firma und Privatleben sind fließend bei Robert Schramm. Hohe Priorität in seinem Leben genießen aber seine 13-jährige Tochter und der 17-jährige Sohn, mit denen er nur zehn Kilometer entfernt vom Firmensitz wohnt.
Seine Kinder sollen ihren Beruf zwar einmal frei wählen, betont der 48-Jährige. Doch hofft er schon, dass die Führung des Unternehmens einmal an sie übergehen wird. Dass der Sohn, der im kommenden Jahr Abitur machen wird, Chemie als einen seiner Leistungskurse gewählt hat, deutet er als gutes Zeichen. Die quirlige Tochter kann er sich ebenfalls gut im Geschäft vorstellen. Wichtig sei ihm nur, dass die Gesamtverantwortung bei einer Person liege. Aber: „Gezwungen werden sie nicht.“

Als Ausgleich zum Berufsalltag geht Robert Schramm zur Jagd. Vor allem, dass er sich dabei mit Gleichgesinnten trifft und in der Natur ist, zieht ihn an diesem Hobby an. Außerdem ist der 48-Jährige Mitglied des Rotary Clubs Essen-Baldeney und engagiert sich dort insbesondere für die Jugend und den Austausch von Familienunternehmen. Bei der IHK Ruhr ist Schramm zudem stellvertretender Vorsitzender des Industrieausschusses. Neben Firma und Familie nimmt auch die Netzwerkarbeit viel Zeit in Anspruch.

Von Kirsten Wrede

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