Carben-Moleküle „reiten“ auf Gold-Atomen
Chemiker und Physiker der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) haben Carben-Moleküle auf einer Goldoberfläche untersucht. Mithilfe der Rastertunnelmikroskopie konnten die Physiker im „Center for NanoTechnology“ (CeNTech) erstmals Carbene mit molekularer Auflösung abbilden. Die Studie wurde online in der Fachzeitschrift „Nature Chemistry“ veröffentlicht.
Moleküle sind beweglich
„Überraschend zeigte sich, dass sich die Carben-Moleküle auf der Goldoberfläche von selbst ordneten, was eine hohe Beweglichkeit voraussetzt“, berichtet Prof. Dr. Harald Fuchs vom Physikalischen Institut der WWU, wissenschaftlicher Leiter des CeNTech. Für die Forscher war dies eine unerwartete Entdeckung, denn Carbene sind Moleküle, die stabile Filme bilden und so die darunterliegende Metalloberfläche vor äußeren Einflüssen schützen, also beispielsweise Korrosion verhindern. „Wir waren davon ausgegangen, dass diese Moleküle daher fest und unverrückbar an die Goldoberfläche binden. Stattdessen haben wir gesehen, dass sich bestimmte Carbene bewegen und dicht zusammenlagern“, erläutert Frank Glorius.
Prinzip wie bei einer Vorhangschiene
Einerseits fest mit der Oberfläche verbundene Filme, andererseits bewegliche Moleküle – diesen scheinbaren Widerspruch klärte der Forscherverbund durch Untersuchungen mit dem Rastertunnelmikroskop, gezielte chemische Veränderungen an den Carbenen und theoretische Simulationen. Das Team zeigte: Die verwendeten Carbene („N-heterocyclische Carbene“) gehen zwar eine feste chemische Verbindung mit einzelnen Atomen aus der Goldoberfläche ein. Sie lösen diese Gold-Atome aber heraus und gleiten auf ihnen über die Oberfläche.
„Durch die Bindungskräfte der Gold-Atome untereinander bleiben die 'Jockey-Carbene' auf der Oberfläche, sind aber auf ihr mobil und lagern sich zu geordneten Filmen zusammen. Das Prinzip ist ähnlich wie bei einer Vorhangschiene: Die Vorhangröllchen können sich zwar entlang der Schiene bewegen, können sich aber nicht von ihr lösen“, veranschaulicht Harald Fuchs.
Chemische Katalysatoren optimieren
Die Forscher hoffen, dass ihre Entdeckung in Zukunft technisch nutzbar ist. Sie könnte beispielsweise helfen, verbesserte Elektroden zu entwickeln oder chemische Katalysatoren zu optimieren, was für die Industrie wichtig ist.