Biozide in Lacken und Farben analysieren

Biozide machen Farben haltbarer oder schützen ausgehärtete Beschichtungen vor dem Befall durch Algen und Pilze. Je nach Einsatzgebiet und Wirkstoffkombination gibt es unterschiedliche Analyseverfahren, um Biozidgehalte zu bestimmen. 

Abb. 1: Biozidgehalte einer Dispersionsfarbe während der Lagerung. Quelle: iLF -

Der Einsatz von Bioziden im Bereich Lacke und Farben erfolgt im Wesentlichen aus zwei Gesichtspunkten heraus:

  • Beim ersten Aspekt geht es um die Haltbarmachung der flüssigen Farben insbesondere von wässrigen Beschichtungssystemen, um eine längere Lagerfähigkeit zu garantieren. Dies betrifft die sogenannte Topf- bzw. Gebindekonservierung des Beschichtungsstoffes.
  • Der zweite Einsatzzweck von Bioziden ist die Trockenfilmkonservierung zum Schutz der ausgehärteten Beschichtung gegenüber einem mikrobiologischen Befall durch Algen oder Pilze.

Wirkstoffkombination macht Erfassung komplizierter

Diese beiden Einsatzgebiete weisen auf die stoffliche Differenziertheit der verwendeten bioziden Wirkstoffe hin, nämlich im ersten Fall auf die Grundeigenschaft der Wasserlöslichkeit und im zweiten Fall der Verträglichkeit mit der Beschichtungsmatrix. Aus dieser Verschiedenheit der bioziden Wirkstoffe resultieren zum Teil unterschiedliche Analysenverfahren zur Bestimmung der Biozidgehalte. Bei der Bioziderfassung kommt erschwerend hinzu, dass es sich in der Regel nicht um eine einzelne biozide Verbindung handelt, sondern dass – um eine breite Schutzwirkung gegenüber einem vielfältigen mikrobiellen Angriff zu erreichen, – meist eine Kombination biozider Wirkstoffe eingesetzt wird.

VOC-Freiheit erschwert Haltbarmachung

Bei der Herstellung von wässrigen Dispersionsfarben erschweren die „normale“ Keimbelastung der wasserbasierten Rohstoffe sowie die – im Ergebnis vielfältiger Bemühungen um eine bessere Umweltfreundlichkeit erreichte – nahezu vollständige VOC-Freiheit der Bindemitteldispersionen die Haltbarmachung der Beschichtungsstoffe bzw. ihren Schutz vor unerwünschten mikrobiologischen Zerfallsprozessen während der Lagerung. Um diese Abbauprozesse zu unterbinden, dürfen gemäß Vergabegrundlage für emissionsarme Wandfarben (RAL-UZ 102) die in Tab. 1 angeführten Wirkstoffe bzw. Wirkstoffkombinationen verwendet werden.

Wirkstoff/ -Kombination Gehalt

2-Methyl-2(H)-isothiazol-3-on (MIT)/

1,2-Benzisothiazol-3(2H)-on (BIT) im Verhältnis 1:1

≤ 200 ppm
3-Jod-2-propinylbutylcarbamat (IPBC) ≤ 80 ppm
1,2-Benzisothiazol-3(2H)-on (BIT) ≤ 200 ppm
2-Brom-2-nitropropan-1,3-diol (BNPD) ≤ 200 ppm
Zinkpyrithion (ZPT) + BIT ≤ 100 ppm + ≤ 100 ppm

Tab. 1: Auszug aus Anhang 1 zur Vergabegrundlage RAL-UZ 102 Topfkonservierung

Mittel der Wahl sind flüssigchromatographische Methoden

Die in Tab. 1 aufgeführten Biozide werden aufgrund ihrer Eigenschaften hauptsächlich mit flüssigchromatographischen Methoden bestimmt. Durch die Benutzung eines Dioden-Array-Detektors (DAD) zur Signalerfassung kann die Bestimmung der einzelnen bioziden Wirkstoffe in der Nähe einer optimalen Wellenlänge erfolgen, sodass die in Tab. 1 angegebenen Grenzwerte sicher erfasst werden können. Außerdem ermöglicht der DAD auch in einem gewissem Umfang eine qualitative Analyse anhand aufgenommener UV-Spektren. Die analytische Erfassung des Zinkpyrithions (ZPT) ist verglichen mit der Bestimmung der anderen Biozide aufgrund der Reaktivität dieser Substanz etwas schwieriger. Hier erfolgt bei den LC-Verfahren für eine Bestimmung eine vorherige Derivatisierung in eine stabilere Verbindung.

Lagerung von Dispersionsfarben ermitteln

Mit den o.g. Analysenmethoden wurde z. B. die Beständigkeit von Isothiazolinonderivaten als Wirkstoffkombinationen und einem formaldehydhaltigen Konservierungsmittel während der Lagerung von Dispersionsfarben bis zu 9 Monaten ermittelt. Das Verhalten der Isothiazolinonderivate MIT, 5-Chlor-2-methyl-4-isothiazolin-3-on (CIT) und BIT während eines Lagerungsvorgangs ist in Abb. 1 dargestellt. Beim CIT ist im Gegensatz zu MIT und BIT eine deutliche Abnahme der Wirkstoffkonzentration über den Lagerzeitraum von 9 Monaten zu erkennen. Aus den Resultaten derartiger Untersuchungen können die notwendigen Mindestmengen an Bioziden zur Haltbarmachung abgeleitet werden. Überlegungen zur Ermittlung von Mindestbiozideinsatzmengen in Farbsystemen sind auch in Form eines Biotests in das RAL-Gütezeichen RAL-ZU 102 für emissionsarme Wandfarben eingegangen.

Anwendung der Methoden für den Do‑it-yourself‑Bereich

Die Analysenmethoden können im Bereich der Kontrolle biozider Wirkstoffe von Produkten für den Do‑it-yourself‑Bereich (DIY) im Hinblick auf eine Umweltverträglichkeit angewendet werden. Bei Überprüfungen von Baumarktprodukten konnte in Einzelfällen beobachtet werden, dass die gefundenen Biozidgehalte nicht immer mit den Angabemengen der Hersteller übereinstimmten. Als eine Ursache konnte festgestellt werden, dass bereits manche Rohstoffe, insbesondere die Bindemitteldispersionen bzw. -emulsionen, zur Haltbarmachung bereits Konservierungsmittel enthalten, die mitunter nicht mit in die Bilanz der Farbhersteller eingehen. Z.B. wurden bei zwei „frischen“ Bindemitteln von verschiedenen Herstellern bereits MIT/BIT-Summengehalte zwischen 170 und 190 ppm gefunden. Diese relativ hohen Werte sind insbesondere dann als kritisch anzusehen, wenn es um die Einhaltung der Höchstwerte gemäß RAL-ZU 102 (siehe Tabelle 1) durch die Farbhersteller geht.

Wechselwirkungen der Wirkstoffe beeinflussen Analytik

Die Biozidanalytik wird zudem noch durch Wechselwirkungen der bioziden Wirkstoffe mit der sie umgebenden Matrix des Beschichtungsstoffes beeinflusst. Um die Genauigkeit der Biozidbestimmung, im vorliegenden Fall des Beschichtungsstoffes, zu ermitteln, kann der Farbprobe eine definierte Biozidmenge zugesetzt und die Wiederfindung des speziellen Biozides überprüft werden. In ungünstigen Fällen wird versucht, andere Substanzen (z.B. Salze) zuzugeben, um die Wiederfindungsraten zu verbessern bzw. sich den realen Werten zu nähern. Mitunter sind auch gezielte Maßnahmen zur Abtrennung der Bindemittelmatrix eine Möglichkeit, um solche Störeffekte zu verhindern. Die letztere Vorgehensweise ist darüber hinaus eine günstige analytische Variante im Hinblick auf die Nutzungsdauer der chromatographischen Trennsäulen.

Filmkonservierungsmittel sichern Schutzfunktion

Zur Gewährleistung einer vor allem längeren Schutzfunktion einer ausgehärteten Beschichtung gegenüber einem mikrobiellen Befall kann es notwendig sein, eine Biozidkombination mit einer filmschützenden Wirkung zuzusetzen. Im Bereich Fassadenfarben kommen in der Bundesrepublik Deutschland derzeit vor allem die Kombination Terburyn (METT), Octylisothaizolinon (OIT) und ZPT sowie die Kombination Terbutryn, Isoproturon (IPU) und IPBC zum Einsatz. Bei Holzbeschichtungen werden als Biozid neben den schon erwähnten IPBC; OIT und ZPT noch die vor allem fungizid wirkenden Sulfonsäureamide wie Dichlofluanid und Tolylfluanid sowie Propiconazol verwendet. Eine Begrenzung der Einsatzmengen von Filmkonservierungsmitteln in Beschichtungsstoffen für den Außenbereich ist im EU-Ecolabel insbesondere für die Substanzen IPBC und ZPT zu finden.

Flüssigchromatographische Methoden ebenfalls geeignet

Als Analysenmethoden zur Bestimmung der Filmkonservierungsmittel eignen sich wiederum flüssigchromatographische Methoden. Wenn es um den empfindlichen Nachweis in umweltrelevanten Proben wie Auswaschwasser von Fassadenoberflächen geht, ist die Kopplung der LC-Apparatur mit einem massenspektroskopischen Detektor ein sicheres Mittel zum Nachweis und zur Quantifizierung. Einige Biozide, die noch eine gewisse Flüchtigkeit aufweisen und thermisch relativ stabil sind wie z. B. Terbutryn, OIT und IPBC lassen sich auch gaschromatographisch mittels GC/MS-Verfahren nachweisen bzw. quantifizieren. Für die Bestimmung der Sulfonsäureamide und von Propiconazol in Holzbeschichtungen können ebenfalls GC-Verfahren mit Kopplung einer massenspektroskopischen Detektion herangezogen werden.

Die Bestimmung der Biozide in den ausgehärteten Beschichtungen läuft gemäß den Hinweisen der Hersteller der Konservierungsmitttel in der Regel über eine Lösemittelextraktion der Proben mittels Ultraschallbad.

Fassadenfarben: Konservierung bei Schäden nachweisen

Mithilfe einer Biozidbestimmung von Farbproben mit bekannten Biozidgehalten können die vorliegenden Analysenmethoden auf ihre Korrektheit bzw. Leistungsfähigkeit hin geprüft werden.

Als analytische Fragestellungen sind im Bereich der Filmkonservierungsmittel im Wesentlichen die Folgenden zu nennen:

  1. Nachweis einer Konservierung in Schadensfällen von Fassaden
  2. Ermittlung des Auswaschverhaltens von Fassadenbeschichtungen im realen

Umfeld wie z. B. im Oberflächen- oder Grundwasser

  1. Bestimmung des Auswaschverhaltens von Fassadenbeschichtungen mithilfe von Labortests (DIN 16105)

Für die Bestimmung von geringen Biozidmengen in Wasserproben kann eine vorherige Anreicherung des Biozides mithilfe der sogenannten Festphasenextraktion erfolgen, wie dies bei der umweltrelevanten Bestimmung von Pestiziden erfolgt.

Auswaschverhalten und Restbiozidgehalte untersuchen

Für die Bestimmung von geringen Mengen ZPT in Wasser eignet sich eine ASTM-Methode (D 6903), eine HLC-Methode mit Derivatisierung, die für die Untersuchung von Meerwasser auf spezielle Biozide wie z.B. DCOIT und ZPT vorgesehen ist. Neben den Untersuchungen des Auswaschverhaltens der Biozide zum Erkennen einer umweltbelastenden Wirkung ist auch das Ermitteln der Restbiozidgehalte in der Fassadenbeschichtung in Abhängigkeit vom vorliegenden Beschichtungstyp wie z. B: Acrylat-, Silikonharz- oder Alkydsystem während der laufenden Freibewitterungsprozesse von großem Interesse. In der Vergangenheit wurden von Hersteller von Konservierungsmittel mit verschiedenen Bioziden Freibewitterungsversuche von Fassadenbeschichtungen durchgeführt, um das Abbauverhalten der Biozide in verschiedenen Fassadenfarben in Abhängigkeit der Auslagerungsrichtung oder der Jahreszeit über eine Bestimmung des Restbiozidgehaltes zu erfassen. Hieraus lassen sich Erkenntnisse über die Leistungsfähigkeit einzelner unterschiedlicher Beschichtungssysteme hinsichtlich eines Schutzes gegenüber einem mikrobiologischen Befall ableiten.

Autor

Norbert Hinzelmann, iLF Magdeburg Tel.: +49 (0)391 6090-293 norbert.hinzelmann@lackinstitut.de

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